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Podcast Nr. 21 - Mike Gillette "Gib nie auf!"

Podcast Nr. 21 - Mike Gillette "Gib nie auf!"

Mike Gillette hat einen spannenden Werdegang hinter sich. Seine frühe Kindheit war geprägt von Armut und Gewalt. Damit niemand außerhalb davon etwas merkte, zog er sich zurück und fühlte sich oft einsam. Als Teenager begann er dann selbst auch Alkohol und Drogen zu nehmen. Obwohl er wusste, dass er sein Leben selbst in die Hand nehmen müsste, um aus diesem Sumpf heraus zukommen, hatte er es nicht geschafft.

Mit 18 Jahren sah er schließlich keinen Sinn mehr in seinem Leben und probierte sich mit einem Mix aus Alkohol und Tabletten umzubringen. Er hat es – glücklicherweise – überlebt. 

Kurze Zeit später traf er eine alte Freundin wieder (seine jetzige Frau), mit der er regelmäßig zur Kirche ging. Hieraus hat er so viel Kraft geschöpft, dass er sein Leben komplett änderte. Den Drogen und dem Alkohol hatte er komplett abgeschworen.

Aber auch der Rest seines Lebens änderte sich zum Positiven. Er ging zur Army. Anschließend hatte er viele weitere interessante Jobs. Er war Polizeibeamter, Fallschirmjäger, SWAT-Kommandant, Anti-Terror-Berater, Leibwächter der Fortune 500 CEOs und ist ein rekordbrechender Strongman. 

Er ist Motivationsredner und Mind Coach. Außerdem hat er mehrere Bücher geschrieben und Videos produziert.

Heute spricht er mit mir darüber, wie er zu dieser erstaunlichen und bemerkenswerten Person geworden ist.

 

https://soundcloud.com/hamburg-kettlebell-club/hamburg-kettlebell-club_00021_mike_gilette-never_give_up

 

Interview mit Mike Gillette

  • Moin, Moin. Hamburg Kettlebell Club. Training mit Herz und Verstand. Ein Podcast über Motivation, Krafttraining und Lebensart. Moin, Moin, hier ist Frank Delventhal vom Hamburg Kettlebell Club Podcast, und mein heutiger Gast ist Mike Gillette. Er kommt aus den USA und ich freue mich sehr, ihn heute bei mir zu haben. Er war Polizist, Fallschirmjäger bei der U.S. Army, SWAT-Kommandant, Anti-Terror-Berater, Leibwächter von CEOs einiger Fortune 500 Industrieunternehmen UND ein rekordbrechender Kraftmensch. Das ist auch der Grund, warum Mike heute bei mir zu Gast ist. Er ist Motivationsredner und Mental Coach. Wie ich sehe, trainiert er vor allem auch junge Turner. Er hat bereits mehrere Weltrekorde aufgestellt. Der erste ist, na, ja, ich möchte nicht sagen verrückt, weil er es offensichtlich überlebt hat, aber: Er bricht Pfeile mit dem Hals. Davon gibt es Videos online. Ich werde diese auch unter diesem Podcast verlinken, damit Sie sehen können, dass das kein Quatsch ist; er macht das wirklich. Er rollt Bratpfannen mit seinen bloßen Händen zusammen. Er verbiegt Hufeisen. Auf Glasscherben liegend fängt er eine aufprallende Last von 2.700 Kilogramm mit seinem Körper ab - und überlebt. Wow. Und er zerschmettert mehrere Betonplatten mit der bloßen Faust. Mike, ich entschuldige mich für diese lange Einleitung, aber das hast du dir wirklich selbst zuzuschreiben. #00:01:37-0#
  • Je länger ich lebe, desto länger wird die Einleitung. Das ergibt also durchaus Sinn. #00:01:44-0#
  • Perfekt. Das spricht für dich und dafür, dass du kein langweiliges Leben führst. Es wäre ja auch sehr enttäuschend, wenn es bloß hieße: „Er kam zur Welt, ging zur Schule, dann zur Arbeit und ist gestorben.“ Wenn es nicht mehr zu sagen gibt, dann macht man etwas falsch. #00:01:58-0#
  • Na, ja, das passt für manche Menschen, aber so bin ich einfach nicht. #00:02:02-0#
  • Ja, das verstehe ich. Ich bin sehr froh, dich in dieser Sendung zu haben. In Deutschland gibt es das Sprichwort „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“ Ich denke, dass das auf dich gut zutrifft, weil du wirklich hart dafür gearbeitet hast, was du erreichst hast und wer du heute bist. Würdest du so nett sein und dem Publikum erzählen, wo du herkommst und wie es dazu gekommen ist, dass du so ein großartiges Leben führst? #00:02:51-0#
  • Ich wurde vor vielen Jahren geboren, um genau zu sein vor 55 Jahren. Erst letzten Monat wurde ich 55. Meine Eltern waren noch sehr jung, als sie plötzlich erfahren mussten, dass ich unterwegs war. Wie es damals so üblich war, haben sie geheiratet – wie man so schön sagt: gezwungenermaßen. Ihre Beziehung war also von Anfang an nicht gerade einfach. Umso weniger überrascht es, dass sie nicht lange angehalten hat. Meine Eltern haben sich getrennt, als ich etwa dreieinhalb war. Das war der Beginn einer langen, schwierigen Zeit für meine Mutter. Wir waren arm. Meine Mutter war aus verschiedenen Gründen eine wütende Person. Meistens wählte sie die falschen Mittel, um ihre Unabhängigkeit zu zeigen. Das war in den frühen 60er Jahren, einer Zeit, in der sich kulturell viel veränderte. Sie hatte viele kurzlebige Beziehungen, in denen sie respektlos und schlecht behandelt wurde. Sie fühlte sich ständig zu den falschen Männern hingezogen, was, wie ich meine, ihre Einstellung nur weiter zementiert hat. Sie hat viel getrunken. Sie war eine wütende Person. Unsere häusliche Situation war von einer gewissen Umtriebigkeit geprägt; wir waren ständig am Umziehen. Letztendlich hat sie wieder geheiratet. Ich war sieben Jahre alt. Der Mann, den sie geheiratet hat, war extrem gewalttätig, aber das kam erst später zum Vorschein. Ich glaube, sie waren etwa einen Monat verheiratet, als sie bei einem Streit mit einem Gewehr vor seiner Nase herumfuchtelte. Er hat sie geschlagen, getreten, gewürgt. Einmal hat er sie nachts eine Treppe hinuntergestoßen. Lautstarke Auseinandersetzungen, Alkohol - all das war an der Tagesordnung während meiner prägenden Jahren. Ich wusste schon mit sechs, sieben, acht Jahren, dass das nicht normal ist. Ich war bloß ein Junge, der dazuzugehören wollte, aber ich konnte niemand nach Hause einladen. Ich wollte nicht, dass irgendjemand sieht, wie ich lebe. Und dann dieser unberechenbare Stiefvater. Ich fing an, mich in mich selbst zurückzuziehen. Ich war ein sehr ruhiges Kind, hatte keine coolen Klamotten zum Anziehen, und meine Schulfreunde haben mir das oft genug unter die Nase gerieben. Das hatte zur Folge, dass ich mich nur noch mehr zurückzog. Es gab niemanden, mit dem ich über das, was Zuhause passierte, sprechen konnte. Wie hätten Kinder auch verstehen sollen, was bei mir daheim los war? Ich wäre nur noch mehr zum komischen Sonderling abgestempelt worden. Das Leben ging also immer so weiter. Menschen ändern sich nicht. #00:06:47-0#
  • Du schon. #00:06:49-0#
  • Wie bitte? #00:06:50-0#
  • Du hast dich sehr wohl verändert. #00:06:51-0#
  • Schlussendlich. Aber leider hatte ich viel von dieser Negativität verinnerlicht. Statt in der Pubertät diese Schwierigkeiten zu überwinden, wurde ich zum selbstzerstörerischen Teenager. Ich begann zu trinken und nahm Drogen. Immer mehr Alkohol und Drogen. Die Gewalt nahm kein Ende, das Chaos hörte nie auf. Mit 35 starb meine Mutter an Krebs. Sie hatte einen Gehirntumor, der sogar erfolgreich behandelt werden konnte, aber der Krebs hatte gestreut. Als sie starb ging ich noch zur Schule. #00:07:52-0#
  • Wie alt warst du damals? #00:07:59-0#
  • Ich war 15. #00:08:00-0#
  • 15. Okay. Danke. #00:08:02-0#
  • Ja, gerade mal 15 Jahre. Und obwohl meine Mutter alles andere als normal war, war sie doch meine Mutter. Sie war irgendwie die einzige Konstante in meinem Leben. Als sie starb, war das für mich, als wäre mir der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Ich wurde bei meinen Verwandten weitergereicht und landete schließlich bei meinem leiblichen Vater, der am anderen Ende der Vereinigten Staaten lebte. Mein negatives Verhalten blieb. Und das Traurige daran war: Ich wusste es doch besser. Ich war geistig weit genug entwickelt, um zu erkennen, dass das, was ich tat, mich nicht weiterbringen würde. Im Grunde genommen war es einfach dumm. Aber die Dinge, die uns für gewöhnlich in jungen Jahren vermittelt werden, die uns stärken und uns ein gutes Gefühl für uns selbst vermitteln, die gab es bei mir nicht oder besser gesagt: davon gab es nicht viele. Weißt du, wenn deine Mutter sich ums nackte Überleben Sorgen machen muss, denkt sie nicht immer an die Erziehung. Ich verfügte auch nicht über Mechanismen, die die meisten Kinder so entwickeln. In dieser Hinsicht war ich nichts Besonderes, und viele Kinder wachsen unter weit schlimmeren Bedingungen auf, als ich je erlebt habe. Aber ich habe nun einmal erlebt, was ich erlebt habe - und ich habe diese Erfahrung nicht sonderlich gut verarbeitet. Ich habe mich selbst schlecht behandelt. Ich entfremdete mich immer mehr von den Menschen, die um mich herum waren. Mit 18 beschloss ich dann, dass es reicht. Ich wollte mich umbringen, wusste aber nicht, wie ich das am besten anstellen sollte. Es war mir auch irgendwie peinlich, dass ich mich dazu entschlossen hatte, weshalb es wie ein Unfall aussehen sollte. Ich checkte in einem billigen Hotel an einer belebten Autobahn ein, füllte mich den ganzen Tag über mit Alkohol ab und schluckte dann eine ganze Flasche Schmerzmittel. Sobald ich die geschluckt hatte, schleuderte ich die Flasche vom Balkon des Hotels so weit wie möglich weg, damit niemand sie finden würde. Ich dachte nicht an so Sachen wie toxikologische Tests oder Autopsien. Ich war bloß ein dummer 18-Jähriger. #00:10:45-0#
  • Und betrunken. #00:10:45-0#
  • Niemand sollte wissen, dass ich mich absichtlich umgebracht hatte; und obwohl ich wusste, dass ich in den nächsten zehn Minuten tot sein würde, war mir die Sache trotzdem irgendwie peinlich. Ich habe mich dann einfach aufs Bett gelegt und auf den Tod gewartet. Offensichtlich – schließlich führen wir ja jetzt dieses Gespräch – trat der Tod nicht ein. #00:11:02-0#
  • Sehr gut. #00:11:03-0#
  • Genau. Irgendwann wachte ich auf; die Sonne schien durchs Fenster. Irgendwie dachte ich immer noch, dass ich sterben würde, denn es ging mir schrecklich. Ich hatte mich total übergeben. Es war einfach nur ekelhaft und dumm. Aber da war ich nun einmal, und musste der Realität ins Auge blicken, die da hieß: „Ich habe versucht, mich umzubringen – und nicht einmal das habe ich hingekriegt.“ Ich hatte mir also auf höchst demütigende Art bewiesen, dass ich nicht fähig war, eine Aufgabe richtig zu erledigen. Wenigstens das war mir gründlich gelungen. Mir blieb nichts anderes übrig, als irgendeine Lehre daraus zu ziehen. Ich bin immer noch ein dummer 18-Jähriger, der nichts anderes vorweisen kann als dumme Entscheidungen, die mich an diesen Punkt gebracht hatten. Aber irgendetwas Wichtiges musste doch passiert sein. Jeden folgenden Tag versuchte ich herauszufinden, welchen Sinn es gehabt hatte, dass ich doch überlebt hatte. Warum das Ganze? Wozu war das gut? Kurze Zeit später traf ich jemandem von früher wieder – ein Mädchen. Ich kannte sich aus der High School und bin jetzt seit 34 Jahren mit ihr verheiratet. Sie war der einzige Lichtblick in meinem Leben. Wir redeten einfach miteinander. Sie lebte in einem anderen Teil der USA. Wir schrieben uns Briefe und telefonierten miteinander – als Telefone noch Telefone waren. Man muss sich darauf einlassen, mit jemandem zu kommunizieren. Kurz darauf zog ich ihr nach. Wir wurden ein Paar, und machten all das, was Paare halt so machen. Unter anderem etwas, das sie tat – nämlich in die Kirche gehen. Ich kannte das gar nicht. Was ich dort hörte, fiel bei mir auf fruchtbaren Boden. Alles fügte sich. Nie zuvor hatte ich so bereitwillig diese positiven Worte aufgenommen. Plötzlich – ganz ohne Therapie oder Reha oder irgendetwas – nahm ich diese UNMENGEN an Drogen nicht mehr. Davor hatte ich mir alles reingezogen, was man sich nur vorstellen kann – alles außer das, was man sich spritzen musste, und das auch nur, weil ich Angst vor Nadeln habe. Auch mit dem Alkohol hörte ich auf. Ich habe einfach aufgehört. Komplett. Es ergab einfach keinen Sinn mehr für mich. Plötzlich war mir wichtig, dass das Leben einen höheren Sinn hatte. Was genau das war, wusste ich zwar noch nicht, aber ich wusste, dass in mir etwas passierte. Ich wollte unbedingt wissen, wo all das hinführte. Kurz nachdem ich mich wieder im Griff hatte, habe ich mich bei der Armee beworben. Ich wollte Polizist werden. Eins musst du dir vor Augen halten: Ich hatte verzweifelt gegen das Gesetz verstoßen, ich hatte viele illegale Drogen genommen, und jetzt wollte ich ausgerechnet Polizist werden. Weiß Gott, wie das funktioniert sollte, aber ich war jung und wollte es. #00:15:02-0#
  • Das funktioniert super. Viele sehr gute IT Sicherheitsberater waren mal Hacker. #00:15:10-0#
  • Stimmt. Ich habe viele von ihnen getroffen. Das ist ein guter Vergleich. Mir war wichtig, etwas höherem zu dienen als mir selbst. Ich wollte ein guter Mensch sein. Ganz einfach das. Ich durchlief diverse Auswahlverfahren bei der Polizei und schnitt bei einem ziemlich gut ab. Aber dann hieß es: „Tut uns leid, du bist einfach zu jung. Wir stellen niemand in deinem Alter ein. Geh ein paar Jahre aufs College oder sammle in der Army etwas Lebenserfahrung und komm dann wieder. Dann sehen wir weiter.“ Ich sagte „Okay“, marschierte zur Army und fragte, ob sie Geld fürs College hätten. Sie sagten ja; ich machte einen Test, bestand, machte noch ein paar weitere Tests und kurz darauf war ich schon voll dabei. Sobald ich in die Armee eingetreten war, war es, als würde ich einen Gang höher schalten. #00:16:17-0#
  • Okay. #00:16:18-0#
  • Ich habe vorhin erwähnt, dass ich, als ich dann regelmäßig in die Kirche ging, genau dazu bereit war und mich das direkt berührt und sich bei mir stark ausgewirkt hatte. Mit der Army war es fast dasselbe. #00:16:33-0#
  • Okay. #00:16:34-0#
  • Irgendwie hatte ich nur darauf gewartet. Für mich war es toll, obwohl es hart war. Das war ungefähr so: Ich wurde angeschrien, ständig aus dem Schlaf gerissen, bekam nicht genug zu essen. Aber trotzdem habe ich es geliebt. Ich konnte gar nicht genug davon kriegen. Nach meinem Empfinden war ich genau am richtigen Ort. Das Konzept, die Aufgabe und alles drum herum, alles hat mich einfach angesprochen. Ich habe es geliebt: Egal wie sehr ich mich selbst angetrieben habe, in der Armee konnte man immer noch etwas draufsetzen, immer noch ein höheres Niveau erklimmen. Ich fand das großartig, weil ich ja schon so großartige Beispiele hautnah miterlebt hatte und wusste, dass man auch sie noch überflügeln konnte. Nachdem ich die Ausbildung in der Infanterie und bei den Fallschirmspringern durchlaufe hatte kam ich zur 82nd Airborne Division, die in Fort Bragg stationiert war. In Fort Bragg sind die 82nd Airborne Division und Spezialeinheiten der Armee. Dort befindet sich auch eine Einheit, über die damals niemand gesprochen hat. Heute gibt es eine Sendung im Fernsehen über sie, man kann also nicht mehr so tun, also würde diese Einheit nicht existieren. Genau diese Delta Force war auch in Fort Bragg. All das konnte ich täglich sehen; und das inspirierte mich total. Das waren sehr prägende Jahre. Obwohl ich ein unbedeutendes Mitglied hinsichtlich Rang, Wissen, Wichtigkeit in der U.S. Army war – ich war ein Nobody –, sah ich das überhaupt nicht so. Ich kam mir vor wie der beste Soldat überhaupt. Das macht die Macht der Jugend. Wir wissen alle wie das ist. Man ist jung, unbesiegbar und überhaupt wundervoll. Man braucht sich bloß mit jungen Leuten zu unterhalten, und weiß sofort wieder, wie das ist. Heute sehe ich die Dinge etwas anders, finde, dass ich einen größeren Blickwinkel habe. #00:18:54-0#
  • Ich möchte noch etwas ansprechen, was zumindest den Zuhörern in Deutschland nicht unbedingt bekannt sein dürfte: Als Kind hattet du Höhenangst. Ein Fallschirmspringer mit Höhenangst? Wie geht das denn zusammen? #00:18:13-0#
  • Ja, das ist ein guter Punkt. Ja, das hat mich als Kind gequält. Mir war mulmig, wenn ich in einem Auto über eine Brücke fuhr. Ich mochte es nicht, lange Treppen hochzugehen. Das hat mich alles gestört. Um ehrlich zu sein: Ich hasse Höhen noch immer. Ich mag sie einfach nicht. Aber ich wollte um alles in der Welt Fallschirmjäger werden, und habe es einfach gemacht. Von dieser Angst wurde ich nie geheilt. Ich habe so einiges gemacht, bin auf Überwachungstürme geklettert und was nicht alles – es gefällt mir nicht. Ich mache es, aber ich mag es nicht. Was habe ich daraus gelernt? Wenn ich heute mit Menschen arbeite, die ein bestimmtes Problem oder eine Angst haben, versuche ich nie, das zu „reparieren“. Es ist viel wichtiger für mich, einfach herauszufinden, ob eine Person bereit ist, das zu tun, was getan werden muss. Wenn dein Wunsch, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, groß genug ist, ist es egal, ob du Höhenangst hast oder Angst vor Wasser. Das ist völlig egal, wenn der Wunsch nur groß genug ist. So einfach kann es sein. Du musst etwas nur so sehr wollen, um es zu tun. Das war das mit meiner Höhenangst. Eins lernt man in der Schule für Fallschirmspringer; das ist eine Ausbildungsstätte der Army, der Lehrgang dauert drei Wochen. Dort wird einem beigebracht wie man aus einem Flugzeug springt, ohne gleich beim Aufprall zu sterben. Man lernt dort nicht wirklich Erstaunliches. Es ist ganz anders als beim normalen Fallschirmspringen oder bei der militärischen Fallschirmspringerausbildung, die extrem schwer und sehr streng ist. Wenn du die Luftlandeschule durchstehst, dann schaffst du das. Die zweite Woche wird Turmwoche genannt. In der ersten Woche übt man am Boden, wird einfach oft von Plattformen gestoßen und lernt, aufzukommen, ohne gleich zu sterben, denn wenn man mit einem Armee-Fallschirm abspringt, fällt man immer noch mit fast sechs Metern pro Sekunde – und das ganz ohne zusätzlich angeschnallte Ausrüstung. Man hat aber immer zusätzliche Ausrüstung dabei. Man springt normalerweise aus einem Flugzeug mit zusätzlichen 45 bis 55 Kilogramm an Ausrüstung. Das ist also eine Menge Gewicht. Wenn man mit diesen Fallschirmen am Boden aufschlägt, ist das kein schöner oder eindrucksvoller Anblick. Es sieht aus, als hätte jemand einen Sack Zement mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug abgeworfen. Man schlägt auf, und an einem guten Tag ist es einfach unangenehm. An einem schlechten, windigen Tag ist es viel schlimmer. Aber man macht es, weil es cool ist. In der Turmwoche bedient man sich dieser Konstruktionen, die noch aus der Anfangszeit der Luftlandeschule stammen, die war nämlich im Zweiten Weltkrieg. Diese Konstruktionen werden Sprungtürme genannt und sind etwa 80 Meter hoch. Sie sehen fast aus wie antiquierte Karusselle, an denen man jeweils vier Fallschirme gleichzeitig anbringen kann. Die ähneln irgendwie Funktürmen, von denen an vier Seiten Kabel hängen, und an denen sind die Fallschirme befestigt. Am Fallschirm wird man dann selbst angeschnallt; und der wiederum ist geöffnet. Er ist nicht verstaut. Man wird also angeschnallt und in die Luft gezogen. So geht es langsam bis auf fast 80 Meter in die Höhe. Man sieht, wie auf dem Boden alles kleiner und kleiner wird. Dann hängt man einfach in der Luft, baumelt im Wind und wartet, bis man dran ist, um abgeworfen zu werden. Das kann einem ziemlich lange vorkommen, wenn man nur ungern in luftiger Höhe schwebt. Interessant daran ist: Sobald man abgeworfen wird, bauscht sich der Fallschirm auf und man lernt dabei, einen Fallschirm zu steuern – ganz ohne Absprung aus einem Flugzeug. Es ist eine gute Trainingsmöglichkeit, aber nicht so lustig, wenn man unter Höhenangst leidet. So läuft das dort ab. Interessanteweise habe ich dann in Fort Bragg bei der 82nd Airborne Division viele junge Fallschirmjäger getroffen, die Höhenangst hatten oder es einfach hassten, zu springen. Einige haben mir erzählt, dass das zwar für sie die Hölle ist, sie aber einfach die Einheit lieben. #00:24:16-0#
  • Okay. #00:24:17-0#
  • Wie man sieht, kann der Wunsch Berge versetzen. Damit sind wir also mitten in meiner Zeit beim Militär. Zu jener Zeit habe ich geheiratet. Ungefähr sechs Monate später erfuhren wir, dass unser erstes Kind unterwegs ist. Meine Tochter wurde geboren während ich in der Army diente. Die Zeit bei der Army war toll. Das war mein Ding. Es lief auch einfach gut für mich. Ich wurde von vielen Kommandanten ermutigt; ich hatte die Möglichkeit, zum Beispiel ans College zu gehen. Das war ungewöhnlich für meine Position, da ich in der Infanterie war. Eigentlich sollte ich im Wald leben und dort umherstreifen. #00:25:12-0#
  • Offensichtlich haben sie etwas in dir gesehen, von dem sie dachten, dass es viel wichtiger ist, das zu fördern. #00:25:20-0#
  • Ja. Ich hatte aber auch viel Glück, weil mit mir auch viele begabte, junge Männer gedient haben. Es ist einfach nur ein Zahlenspiel. Es ist eine riesige Organisation, bei der einige Menschen tolle Erfahrungen machen, und andere wiederum weniger tolle. Für mich ist alles sehr gut gelaufen. Als meine ursprüngliche Zeit dort beinahe um war, konnte ich zwischen mehreren Möglichkeiten wählen. Damals kam mir nicht mal in den Sinn, auszusteigen und eine Karriere bei der Polizei anzustreben. So sehr hing ich an der Armee. Ich wusste, dass das genau das ist, was ich beruflich machen wollte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es etwas gab, was das ganze Angebot der Armee übertreffen könnte. Ich hätte zum Beispiel bei einer Spezialeinheit einsteigen können. Aber das ist nichts für jemanden, der #--# #00:26:30-0#
  • Familie hat. #00:26:30-0#
  • #--# Frau und Kinder hat. Die Ausbildung ist nämlich extrem und man ist viel unterwegs. Alternativ hatte ich die Möglichkeit, die Armee zu verlassen und Reservist zu werden. Mir wurde ein Stipendium angeboten, mit dem ich Vollzeit studieren konnte und dann als Offizier eingestiegen wäre. Das ist eigentlich wie eine Beförderung ins Management. Das war zwar weniger aufregend, aber die verantwortungsvollere Entscheidung. Also habe ich das gemacht. Ich habe die Armee verlassen und ging aufs College. Kurz vor Ende des ersten Semesters ging ich mit einer Gruppe von Jungs, die ich kannte, zum Klettern. Im Nachhinein betrachtet war das eine schlechte Entscheidung, die mein Leben entscheidend beeinflusst hat. Wir fuhren zu einem Canyon östlich von Tucson in Arizona. Ich hatte keine Ausrüstung dabei, musste also die verwenden, die jemand anders mitgebracht hatte. Mit der kannte ich mich aber nicht aus. Die anderen mussten mich anseilen, und ich musste ihnen vertrauen, dass sie schon wussten, was sie da taten. Sie haben mich nicht richtig angeseilt, was ich aber nicht wusste. Wir wollten uns zuerst in den Canyon abseilen und dann hinausklettern. Dazu wollten wir an einer verlassenen Eisenbahnbrücke, die wir gefunden hatten, unsere Seile festmachen. Man stand quasi am Brückengeländer, sprang ab, und baumelte dann unter der Brücke wie ein Pendel. Hatte das Pendeln aufgehört, wollten wir uns abseilen, uns unten losbinden, und der nächste konnte starten. Wenn dann alle unten sind, ziehen wir das Seil hinunter und klettern rauf. Das war der Plan. Ich stand also auf der Eisenbahnbrücke über dem Canyon. Der aufmerksame Zuhörer weiß, dass das nichts war, was mir sonderlich gut gefallen hat. Man muss also erst springen, rutscht zunächst ein paar Meter quasi schwerelos in die Tiefe, bis das Seil sichert, schwingt dann hin und her und wartet bis das Schwingen aufgehört hat. Dann seilt man sich ab. Das Seil war aber nicht richtig gesichert. Nach dem Absprung passierte nichts, was meinen Fall gebremst hätte. (…) Ich habe gleich gemerkt, dass ich nicht langsamer wurde. Ganz im Gegenteil, es ging immer schneller nach unten. Es blieb keine Zeit, geistig nachzuvollziehen, was da passierte und wie man sich helfen konnte. Ich versuchte nur noch, mich festzuhalten, aufrecht am Seil zu bleiben, um nicht auf dem Rücken oder Kopf zu landen, denn das wäre tödlich ausgegangen. Ich fiel also in die Tiefe und versuchte, mich an dem Seil festzuhalten. Das Seil brannte wegen der Reibung meine Lederhandschuhe durch, scheuerte meine Hände auf, brannte meine Hose durch, mein Hemd. Ich trug eine alte Armeeuniform. Dann schlug ich am Boden auf und brach mir die Fußgelenke und den Rücken. Der Schmerz beim Aufprall hat sich mir eingebrannt, so ein entsetzlich schlimmes und blitzartiges Gefühl war das. Den Schmerz kann ich immer noch fühlen, wenn ich bloß daran denke. Er war so durchdringend. Was mir zu schaffen machte, war aber dann nicht der Schmerz oder die Erkenntnis, dass ich gelähmt sein könnte – ich spürte nämlich, dass ich mich nicht bewegen konnte –, sondern ich musste den Jungs erklären, wie sie eine Vorrichtung bauen sollten, um mich damit rauszuziehen. Sie trugen mich dann etwa einen Kilometer ein ausgetrocknetes Flussbett entlang. Das war eine sehr holprige Angelegenheit. Es folgte ein Abschnitt auf dem es bergauf ging. Zuletzt noch ein weiterer Kilometer bis zum Auto. Das waren ein paar sehr lange Stunden. Damals 1984 gab es ja noch keine Handys. Ich will diese Erinnerung auch gar nicht weiter breittreten. Das Schlimmste kam später am Abend. Ich wurde erst in ein Krankenhaus gebracht, dann in ein zweites. Dort wurde ich geröntgt. So gegen 9 Uhr abends kam ein Chirurg zu mir ins Zimmer. Sein Name war Dr. John Wilde. Ich hatte erfahren, dass er Chirurg bei der Armee war. Das gab mir etwas Hoffnung, denn er wusste wie er mich wiederherzustellen hätte, damit ich wieder in mein Soldatenleben zurück konnte. Als er also ins Zimmer kam – das war noch vor der Operation und bevor er sich irgendwelche Röntgenbilder angeschaut hatte – fragte ich ihn: “Wie steht es um mich? Wie lange wird es dauern, bis ich wieder laufen und aus dem Flugzeug springen kann?” Er schaute mich mit diesem Ausdruck an, mit dem man ein Kind anschaut, das einem komplett wirres und unverständliches Zeug erzählt. So ein Ausdruck war das. Er antwortete „Die gute Nachricht ist: Sie werden wieder gehen können. (…) Sie werden nie wieder laufen. Sie werden nirgends mehr rausspringen.“ (…) Ich mutierte also an einem Tag von einem außergewöhnlich aktiven Menschen (…) zu einem Menschen, der – soweit wir zumindest zu diesem Zeitpunkt wussten – nie wieder aktiv sein würde. (…) Dabei war meine ganze berufliche Planung darauf aufgebaut, aktiv zu sein. (…) Es folgte die erste von vielen langen Nächten. Wenn die Zuhörer genau wissen möchten, wie viel Zeit ein Mensch über solchen Problemen brüten kann, können sie das alles ausführlich auf meinem Blog mikegillette.com nachlesen, den ich ihnen ans Herz legen möchte. #00:33:47-0#
  • An dieser Stelle möchte ich auf deine Veranstaltung „Strength Psychology“ hinweisen. #00:33:57-0#
  • Aber bevor du ihnen irgendetwas verkaufst, würde ich einfach nur die Leute bitten, auf meine Webseite zu gehen und sich dort für meinen kostenlosen Newsletter anzumelden. Vielleicht später, wenn sie dann alle herausgefunden haben, wie cool ich bin, können wir über das sprechen, was sie kaufen können. #00:34:10-0#
  • Okay. Wunderbar. Ja. #00:34:14-0#
  • Vielen Dank trotzdem, ganz besonders wenn es dir nützlich erscheint, dann schätze ich das umso mehr. #00:34:20-0#
  • Ja, ich finde all deine Sachen hilfreich und nützlich. Wenn das, was du sagst, keinen Sinn ergeben würde, würde ich mich nicht so sehr darüber freuen, dich hier zu haben. #00:34:38-0#
  • Vielen herzlichen Dank. Um meine ungewöhnliche Geschichte abzukürzen: Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich mit dieser neuen Situation umgehen musste, mit den Enttäuschungen, der Unsicherheit (…) und wohl auch mit der bloßen Angst, nicht zu wissen, was ich mit meinem Leben jetzt tun sollte. Ich glaube, das war wohl das härteste für die junge Version meiner selbst. Ich war ja noch im College-Alter zu der Zeit. Ich war verheiratet. Ich hatte ein Baby. Ich hatte also mit der Verantwortung, die Erwachsene tragen, zu kämpfen. Zur selben Zeit wusste ich nicht, was ich mit meinem Leben machen soll. Ich konnte das, wofür ich mich entschieden hatte, nicht mehr machen. Menschen sagen oft „Ich weiß einfach, warum ich auf dieser Erde bin – und zwar um genau das jetzt zu machen.“ Aber genau das war mir auf einmal genommen worden. Eine Kriegsverletzung, die mich meine Karriere gekostet hätte, wäre viel ehrenhafter gewesen. Aber einfach an einem Sonntagnachmittag loszugehen und dann passiert einem so etwas durch Zufall – ich hatte einfach nicht das Zeug, damit effektiv umzugehen. #00:36:21-0#
  • Wie könntest du auch? Wie kann das irgendjemand? Du kannst das zwar jetzt im Nachhinein so einfach erzählen, aber in dem Moment, wenn so etwas passiert, (…) wird niemand sagen „Oh, kein Problem, ich kriege das hin.“ #00:36:36-0#
  • Ja. Tja, da war ich also. Bei der Truppe war ich nicht mehr; ich war auf dem College und musste nun herausfinden, wie mein Leben weiter funktionieren sollte. Wir hatten ein Baby, meine Frau hat gearbeitet. Wir waren so (…) ausgelastet, wie man das unter solchen Umständen nur sein kann. Wir hatten nur wenig Geld, weil ich den Großteil meiner Zeit auf dem College und mit Lernen verbrachte, um gut abzuschneiden. Außerdem habe ich auch Teilzeit gearbeitet. So (…) stressig diese Zeit auch war – jeder, der studiert, gleichzeitig arbeitet und Elternpflichten hat, weiß, wovon ich rede –, viel schlimmer war, dass es nicht den Anschein hatte, als würde im Gegenzug etwas nützliches und bedeutungsvolles dabei herauskommen. Ich wollte nicht einfach irgendeinen Beruf. Ich wollte DIESEN Beruf. Ich wollte Teil von etwas sein, von dem ich fühlte, dass es groß und wichtig und herausfordernd ist. Ich war wieder an einem Punkt angelangt, an dem es keine Perspektive gab. Ich sah einfach keinen Weg, der mich genau an mein Ziel geführt hätte. In regelmäßigen Abständen, alle paar Monate oder so, stürzte ich mich erneut ins Training. Ich versuchte, zu laufen. Es war furchtbar. Der Schmerz war einfach (…) unbeschreiblich. Ich trat monatsweise in ein Fitness-Studio ein. (…) Es dauerte ein oder zwei Tage, und ich hatte mich wieder soweit, dass ich vor Schmerzen nicht mehr konnte und schmerzhaft daran erinnert wurde, dass ich hier nichts mehr verloren hatte. Aber ich KONNTE NICHT damit aufhören, konnte einfach nicht aufhören, mir selbst wieder einen Platz in der Welt zu erobern. #00:38:37-0#
  • Wie lange hat es gedauert, bist du festgestellt hast, dass du dich trotz all der Schmerzen verbessert hast? #00:38:44-0#
  • Das kam, nachdem ich mit dem College fertig war, (…) als wir von Arizona im Südwesten der USA, wo ich studiert habe, wieder dorthin zogen, woher wir waren. Dort (…) kam ich wieder in Kontakt mit einem Freund, den ich in der Army getroffen hatte. Für mich war er so etwas wie mein erster militärischer Mentor. Das war ein Mann namens Mike. Er war 33, Polizist, hatte sich gerade eine Auszeit von seinem Job bei der Polizei genommen und sich bei den Reservisten gemeldet. Ihr habt in Deutschland vielleicht auch so etwas. Bei uns ist man sozusagen Teilzeit-Soldat, nur war er bei einer Spezialeinheit, was bedeutete, dass er über ein Jahr raus aus dem Job war. Wir hatten die Infanterie-Ausbildung zusammen gemacht, die Luftlande-Schule zusammen gemacht. Aber als wir nach Fort Bragg gingen, ging ich zur 82nd Airborne Division und er zur Spezialeinheit. Aber wir sind in Kontakt geblieben. B: In der Zwischenzeit war er zum Polizeichef einer nahegelegenen Dienststelle in einer Vorstadt aufgestiegen. Als er erfuhr, dass ich wieder zurückziehe, fragte er mich, ob ich nicht als Polizist arbeiten möchte. Ich sagte ihm: „So etwas darfst du mich nicht fragen. Ich weiß nicht, ob du es ernst meinst, ich weiß nicht, ob du einfach nur versuchst, mich aufzubauen. Aber bitte, frag mich das nie wieder. Das ist mir eine Qual. Es geht einfach nicht.“ Aber er hat mich damit einfach nicht in Ruhe gelassen, er hat mir immer wieder diese Karotte vor die Nase gehalten. Das passierte genau zu dem Zeitpunkt, an dem ich wirklich und schlussendlich aufgegeben hatte. Ich hatte mir nach der Verletzung selbst so viele Male wehgetan bei dem Versuch, mich körperlich wieder in Form zu bringen, dass sogar ich eingesehen hatte, dass ich mich umsonst angestrengt hatte. Also hörte ich einfach auf. Nachdem ich aufgehört hatte, (…) tat ich einen Blick in die Welt und spürte nach wie ich mich ohne diesen physischen Teil meiner selbst fühlte. Ich fühlte mich wirklich unglücklich. (…) Also- #00:41:39-0#
  • Das verstehe ich nur zu gut. #00:41:42-0#
  • Ja. (…) Es wäre interessant, wenn ich mit dieser Version von mir selbst sprechen könnte, bloß mit dem Wissen, das ich heute habe, einfach um zu sehen, wo ich damals stand. Ich bin mir sicher, dass ich mich in KEINER guten Situation befand. Zum Glück bin ich nie in meine alten Muster der Problembewältigung zurückgefallen und habe nicht wieder zu trinken angefangen oder sonst etwas. #00:42:09-0#
  • Der Unterschied war wohl, dass du nicht alleine warst und eine tolle Familie hattest. #00:42:15-0#
  • Ja, die hatte ich. Zum Glück hatte ich sie und habe sie immer noch. Eins wurde mir klar – und nicht jeder hört das gerne –, aber als ich begonnen habe, in die Kirche zu gehen, (…) begriff ich erst, wie die Dinge sein sollten. Das hat mich klar und deutlich während meiner Zeit in der Armee begleitet. Auch nachdem ich die Armee gegen die mir weniger vertraute Umgebung einer großen Universität eingetauscht hatte, wusste ich irgendwie im Inneren immer noch – auf eine Art, die man nicht erklären kann, weil es einfach ein sehr subjektives, persönliches Gefühl ist –, dass es das richtige für mich ist. Als mir bewusst wurde, dass ich es nicht mehr machen konnte, war es nicht nur in beruflicher Hinsicht eine Enttäuschung – die Enttäuschung ging tiefer, hatte auch einen spirituellen Aspekt. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich die Verbindung zu dem verloren hatte, was ich hätte tun sollen. Weißt du, was ich meine? Ich hatte einfach nicht das Gefühl, das irgendwie in Ordnung bringen zu können. Statt mir gleichgesinnte Menschen zu suchen, die mir hätten helfen können, habe ich mich einfach zurückgezogen. Ich bin vom Charakter her so, dass ich versuche, meine Probleme selbst zu lösen. Manchmal ist das produktiv, manchmal eben nicht. In dem Fall war es das nicht. Tja, da war ich also: Ich hatte den Abschluss in der Tasche, aber keine Aussicht darauf, den Beruf auszuüben, den ich eigentlich ausüben wollte. Ich nahm eine Stelle an, sie gefiel mir nicht. Also habe ich mir einen neuen Job gesucht, und dann wieder einen neuen. Ich mochte keinen dieser Jobs, weil nichts das ersetzen konnte, was ich mir so sehnlichst wünschte. Das ist so, wie wenn man die richtige Frau trifft, mit ihr diese tolle Beziehung führt und dann ist – aus welchem Grund auch immer – plötzlich alles aus. Danach vergleicht man jede Frau mit dieser einen, der Richtigen. Natürlich kann sich keine mit ihr messen. Dann beginnt man, diese Beziehung zu verklären und zu idealisieren, und bauscht sie zu dieser unerreichbaren Phantasie auf, der kein Mensch JEMALS gerecht werden kann. Aber zu dem Zeitpunkt ist man sich gar nicht bewusst, dass man das macht, denn man ist jung und sammelt gerade seine eigenen Erfahrungen. Mir ging das damals so. (…) Die Zeit verging, ich hatte regelmäßig Kontakt zu meinem Freund, dem Polizeichef. Er (…) erzählte auch weiterhin von der Polizeiarbeit, obwohl er wusste, dass mich das nervt. Besser gesagt: Er wusste ganz genau, was er da tat. Ungefähr sechs Monate nachdem ich mit dem College fertig war, bekam ich ein Schreiben vom Finanzamt, in dem stand was von einer Steuerrückerstattung. In den USA ist das so: Wenn mehr Steuern einbehalten werden, als man dem Fiskus tatsächlich schuldet, bekommt man die am Jahresende zurück. Wir hatten zwar sehr wenig Geld, standen aber plötzlich mit vollen Händen da und überlegten uns nun, was wir damit machen sollten. Also beschlossen wir beide, ins Fitness-Studio zu gehen. Wieder einmal wurde ich Mitglied in einem Fitness-Studio. (…) Mittlerweile war fast ein Jahr vergangen, seitdem ich zuletzt einen armen Betreiber eines Fitness-Studios belästigt hatte. Ich wollte noch einmal loslegen, mich in Grund und Boden richten und dann wieder aufhören. Wir gingen also ins Studio, und ich beschloss, es mit etwas radikal Neuem zu versuchen: mit Mäßigung. #00:46:24-0#
  • Tut mir leid, dass ich lache, aber das kommt mir einfach sehr bekannt vor. Entschuldigung. #00:46:31-0#
  • Die Sache ist die: Als ich mich von der Operation erholte, ein Bein im Gips und mein Rücken von der Hüfte bis zu den Achseln in einer Rückenbandage steckte, habe ich Klimmzüge gemacht. Ich wollte mich buchstäblich selbst zur Genesung zwingen. Meiner Ansicht nach hatten die Ärzte keine Ahnung, wovon sie sprachen. Nur Mike Gillette wusste, was am besten für Mike Gillette was. Dem war natürlich nicht so. Ich war schlichtweg ein verantwortungsloser, dämlicher Jugendlicher. Jedes Mal hatte ich damit zu kämpfen – mit diesem meinen Charakter, diesem Ansatz, mit dem ich unzählige Male erfolglos versucht hatte, wieder in Form zu kommen. Ich bin mir sicher, dass der mangelnde Erfolg größtenteils auf meine Unfähigkeit zurückzuführen war, Dinge anders als schnell und unnachgiebig anzugehen. (…) Es machte mir Angst, nicht der zu sein, der ich war, also setzte ich alles daran, so schnell und unnachgiebig wie möglich, wieder so zu werden. Natürlich scheiterte ich kläglich. Ich hatte keine Ahnung, wie man am besten in einer so schwachen Verfassung trainiert. (…) Vermutlich hatte ich aber alle Lektionen unterbewusst verinnerlicht, und als wir in das Fitness-Studio gingen, trainierte ich extra langsam und wohlüberlegt. Vier Wochen später bemerkte ich einen Fortschritt. Acht Wochen später beschäftigte ich mich gedanklich damit, was eventuell möglich war. Zehn oder elf Wochen später wusste ich, dass ich es schaffen werde. ICH WUSSTE, dass ich es bei der Polizei versuchen werde. Also durchforstete ich Stellenausschreibungen und schickte Bewerbungen los. Während der ganzen Zeit machte ich maßvoll und systematisch mein Krafttraining. Ich joggte. Das klappte ganz gut. Bloß mein Rücken schmerzt bis zum heutigen Tag. Immerhin habe ich ihn mir gebrochen. ABER so lange ich wusste, dass ich nicht noch größeres Unheil anrichten konnte – natürlich wusste ich das nicht, ich habe es mir so gedacht, es gehofft –, aber so lange wollte ich einfach weitermachen und sehen, wie weit ich es bringe. Ich MUSSTE noch ein letztes Mal alles riskieren; und genau das habe ich gemacht. Und siehe da, ich wurde tatsächlich bei der Polizei genommen. Das war in Kürze meine Geschichte, von der Army bis zur Polizei. Plötzlich passierten die Dinge Schlag auf Schlag und entwickelten sich in eine bestimmte Richtung. So sehr ich auch meine Arbeit bei der Polizei liebte – jetzt muss ich etwas auf die Tube drücken #--# #00:49:35-0#
  • Kein Problem. #00:49:36-0#
  • #--# so sehr faszinierte mich ein bestimmter Aspekt davon. Das liegt daran, dass mir während meinem Dienst in der Army etwas aufgefallen ist. Das war Folgendes: Bei jeder Ausbildung, sei es bei der Infanterie, den Fallschirmjägern oder irgendwelchen weiterführenden Schulungen, waren die Ausbilder gleichzeitig die besten Männer. Sie sahen anders aus, kamen mir intelligenter vor. Da war etwas dran. Man war Ausbilder und musste demnach ein Experte auf dem jeweiligen Gebiet sein. #00:50:18-0#
  • Ja, das sollte man sein. #00:50:19-0#
  • Auf der Polizeiakademie begegnete mir dieses Muster wieder und wieder: Jedes Mal, wenn ein Ausbilder kam und sich vorstellte – sie waren Ermittler bei einer großen Polizeidienststelle oder Ähnliches –, dann waren die einfach (…) cooler, intelligenter, schneller, irgendwas. Mir als jungem Kerl in seinen 20ern imponierte das natürlich. Ich wollte so werden wie SIE. Ich beschloss, Ausbilder zu werden. Auf einmal (…) tat sich dieser Weg vor mir auf; ich machte mich einfach auf – und zwar schnell. (…) Ich suchte gezielt nach solchen Lehrgängen, und wenn meine Dienststelle mir nicht die Weiterbildung ermöglichte, nahm ich mir frei und bezahlte mir die Fortbildung selbst. (…) Hat man erst einmal den ersten Schritt gemacht, gestaltet man aktiv seinen Lebenslauf. (…) Genau das tat ich. (…) Dadurch erwarb ich mir all die Qualifikationen und wurde ein allseits gefragter Experte. Ich entwickelte mich in Eigenregie zu einem hochqualifizierten Fachmann, wie es keinen zweiten gab. Niemand konnte mit all den Qualifikationen aufwarten, die ich auf diversen Gebieten erworben hatte. Nicht etwa, weil niemand dazu in der Lage gewesen wäre, sondern schlicht deshalb, weil keiner gewillt war, das zu tun. (…) Der (…) Durchschnitts-Polizist will einfach nur Polizist sein; das reicht ihm schon. Ich hingegen wollte alles machen, was mich meinem Ausbilder-Dasein näherbrachte. Das Ziel verfolgte ich so konsequent, dass ich es im Jahr 2001 erreicht hatte. Ich weiß noch, dass ich als Polizist gedacht habe, dass der coolste Polizist, den ich jemals gesehen hatte, der Typ war, der unserem Ausbilder an der Polizeiakademie half. Dieser Typ wollte ich sein, dieser Helfer, denn auch er war Polizist und kein professioneller Ausbilder. Er war einfach jemand, der so gut war, dass er zum Co-Ausbilder bestimmt wurde. Ich wollte das immer werden – und das schaffte ich auch ziemlich schnell. Dann beschloss ich, Ausbilder zu werden. Auch das schaffte ich. Ich erreichte jeweils die Ziele, das mir vorgeschwebt hatten, und denen ich eine Bedeutung oder einen Wert beimaß. Ich nahm mir vor: „Ich werde der Top-Ausbilder bei der US-Polizei.“ (…) 2001 hatte ich es so weit gebracht – und zwar als einer, der aus einem unbedeutenden Städtchen kam. All die berühmten Polizei-Ausbilder kamen aus LA oder New York, aus diesen riesigen Städten, und hatten große, bedeutende, heroische Dinge vollbracht. Aber ihnen fehlte so ein zusammengewürfelter Lebenslauf wie meiner (…) mit all den verschiedenen Qualifikationen. 2001 – im selben Jahr, als ich den „Law Enforcement Trainer of the Year“-Preis von der „National Association of Law Enforcement and Security“ bekommen habe – trat ich bei der Polizei aus und wurde hauptberuflich Ausbilder. (…) Kurz darauf wurden die Terroranschläge vom 11. September 2001 verübt. Dieser Tag hat meine berufliche Entwicklung nachhaltig beeinflusst. Ich habe eine Reihe von Trainings konzipiert für Fluggesellschaften, das Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten oder auch Unternehmen wie Disney. Mit meinem Lebenslauf hatte ich mich auf einzigartige Art und Weise positioniert. Ich hatte dankenswerterweise das Glück, unglaubliche Angebote zu bekommen. Wenn man ganz oben ist – egal, in welcher Branche – trifft man immer sehr intelligente, sehr talentierte Leute und stellt fest, dass man doch NICHT so toll ist, wie man sich das immer daheim in seinem gewohnten Umfeld eingebildet hat. Man war vielleicht der coolste Typ im Raum, aber je höher man aufsteigt, desto mehr Leute trifft man, die ihren Mann stehen und aus eigenem Recht dort sind. Das habe ich erlebt. Es war sehr erfreulich, endlich all diese Leute zu treffen und mit diesen wirklich talentierten, angesehenen Menschen zu arbeiten. Schlussendlich war es meine Erfahrung als Ausbilder, die mir 2006 überraschenderweise Aufträge als Bodyguard bescherte. In dieser Branche kennt jeder jeden. #00:56:13-0#
  • Okay. #00:56:14-0#
  • Wenn man für einflussreiche Kunden arbeitet, (….) wird man ziemlich schnell bekannt. Ist ein Kunde mit dir zufrieden ist, erzählt er das gerne weiter. (…) Ich habe für ein Ausbildungsunternehmen in Las Vegas gearbeitet und die Ausbildung, die übrigens bis heute angeboten wird, gilt als eine der besten taktischen Ausbildungen, die man absolvieren kann. Dort arbeiten richtige Talente. Sie sind jünger, sehen besser aus als ich, sind intelligenter als ich, überaus dynamisch und kreativ. Ich war ein kleines Licht dort, aber ich war es dort gerne. Interessanterweise verdiente ich als Bodyguard dann mehr als mit meiner Ausbildertätigkeit. Eine Zeit lang machte das einen wirklich großen Teil meines Gewinns aus. Es steht immer noch aktiv auf der Kundenliste, macht aber nur noch einen geringen, wenn auch sehr wichtigen Anteil aus. Auch diese Zeit hat mich sehr geprägt, weil ich meine Fähigkeiten in einem ganz anderen Kontext einsetzte. Dann zog ich aber sozusagen den Schlussstrich unter das strategische Kapitel im Leben des Mike Gillette. In diesen fünf Jahren wurde mir bewusst, dass ich noch andere Sachen machen wollte. Viel hatte damit zu tun, dass ich mir jede Menge Ausbildungs-Expertise angeeignet hatte, und merkte, wie sich verschiedene Trainingsthemen überschneiden, und andere, bessere Möglichkeiten erarbeitete, wie man jemand bestimmte Fertigkeiten besser vermittelt. Mir fiel auf, dass viel von dem, was ich unterrichtet habe, nicht einfach nur Techniken oder bestimmte Methoden zur Lösung besonderer Probleme waren, sondern dass es um mehr ging als das. Es ging nämlich darum, einem Menschen dabei zu helfen, seine Fertigkeiten zur Problemlösung zu verbessern. Im Grunde genommen waren diese Techniken eine Art höchst intensive, taktische Version von Selbsthilfe. #00:58:35-0#
  • Wann kam der Wendepunkt, an dem du dann zur Selbstmotivation, Selbsthilfe gewechselt hast? #00:58:52-0#
  • Das ist ganz einfach. Ich habe (…) regelmäßig Dinge veröffentlich. Als ich noch Polizeibeamter war, brachte ich meine ersten Anleitungsvideos heraus. Das war 2001. Hin und wieder veröffentlichte ich kleinere Dinge in Kooperation mit einer Firma. Aber 2011 brachte ich etwas Größeres heraus. Es war ein Kurs zum Thema Krafttraining. Den gibt es online, man kann ihn sich herunterladen. Er besteht aus mehreren E-Books und mehreren Videos. Es hat lange gedauert, das zusammenzustellen, weil ich ja hauptberuflich und in Vollzeit anderen Dingen nachging. #00:59:41-0#
  • Kurze Frage: Ist das das Critical Bench Video? #00:59:45-0#
  • Es entstand in Zusammenarbeit mit Critical Bench und trägt einen verrückten Titel: “Savage Strength”. Ich habe den Namen nicht ausgesucht, aber okay. Für mich klingt das ein bisschen übertrieben, aber ich bin auch kein Marketingfachmann. (…) Ich war also an diesem Punkt, wo die Arbeit als Bodyguard – obwohl sie interessant war – SO zeitaufwändig wurde und mir alles an zeitlicher Flexibilität abverlangte. Ich war oft von meiner Familie getrennt und musste mich bei ihnen entschuldigen, weil ich andauernd das, was wir geplant hatten, absagen musste. Die Bedürfnisse der Kunden standen immer an erster Stelle. Punkt. Wenn sie am anderen Ende der Welt sind und dort länger bleiben müssen, dann bleiben sie eben länger. Wenn sie plötzlich zu einem wichtigen Meeting müssen, dann fahren sie halt dahin. Es dreht sich einfach alles um den Kunden. Das liegt in der Natur dieser Arbeit. Aber ich hatte einen Punkt erreicht, an dem mir klar wurde: Wenn ich weiterhin in dieser Branche bleibe, komme ich nie zu den anderen Dingen, die ich noch machen wollte. Ich hatte gerade mein erstes Produkt veröffentlicht, und das verkaufte sich ziemlich gut. Ich dachte mir: „Okay, ich glaube, ich kann mit meinen Produkten genug Geld verdienen und mich dafür aus dem lukrativen Bodyguard-Business zurückziehen.“ Ich wusste damals nicht, dass man mit den Produkten nicht gleich so regelmäßige und hohe Einnahmen erzielt, wie ich sie von meiner bisherigen Arbeit kannte. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich wahrscheinlich nicht so blauäugig in das neue Unternehmen gestürzt. Aber ich habe mich da reingestürzt und heute bin ich hier. Ab Anfang 2012 arbeitete ich nicht mehr Vollzeit als Bodyguard, machte das zwar noch zeitweise, aber in viel geringerem Umfang, weil ich immer mehr Zeit in meine neuen Projekte steckte. Ich veröffentlichte weitere DVDs, schrieb ein paar Bücher und knüpfte ein Netzwerk mit potentiellen Kunden, unter denen sowohl Einzelkämpfer als auch komplette Mannschaften und verhältnismäßig viele Sportler waren. Wir schreiben nun das Jahr 2017 und ich arbeite heute in diesem Bereich. Natürlich habe ich mich weiterentwickelt, wurde selbst immer besser, ein bisschen schneller, erkenne heute noch besser die Bedürfnisse meiner Kunden. Aber ich kann es nicht deutlich genug sagen: heute treffen Menschen die 2017er Version meiner selbst. Ich habe ein paar Dinge gemacht, die nicht so alltäglich sind. Die lassen mich irgendwie, ich weiß gar nicht wie erscheinen. Manche meinen, ich wirke verrückt, interessant, auf jeden Fall anders. Aber wenn man anders ist, wird es für manche schwierig, einen zu verstehen. Du, zum Beispiel, beschäftigst dich mit körperlicher Fitness und verstehst gleich, wovon ich spreche, findest vieles davon vielleicht interessant oder bewundernswert. #01:03:26-0#
  • Ja, das tue ich. Ich hatte das Glück und habe auch – wie drück ich es am besten aus? – (…) mein Päckchen Pech und Prügel abbekommen. Im Vergleich zu dir war das geradezu vernachlässigbar, aber ich habe trotzdem ähnliche Erfahrungen gemacht. Nur waren die bei Weitem nicht so einschneidend wie deine. #01:03:49-0#
  • Ich will keine große Sache daraus machen, wie schwer meine Kindheit war, weil ich viele Menschen getroffen habe, denen es viel schlimmer ergangen ist als mir. Für mich bestand die größte Herausforderung darin, die Abkapselung, die Isolation zu überwinden. Ich war ein Einzelkind, oft alleine Zuhause, konnte mit niemandem über meine Erfahrungen sprechen – weil ich nicht darüber sprechen wollte. Ich wollte nicht, dass das jemand erfährt. Es war mir peinlich. Rückblickend war die größte Herausforderung: die Überwindung dieser extremen Zurückgezogenheit. Ich glaube, dass es heutzutage vielen Kindern so geht. Wir leben in einem Umfeld, das Mobilität und Zurückgezogenheit fördert. Unsere Technologie ermöglicht uns, uns in völliger Einsamkeit zu bespaßen. So großartig das auch ist, es hat auch seine Schattenseiten. #01:04:50-0#
  • Ich denke manchmal, dass die Art und Weise, wie unterhaltsam diese Technologie ist, ein bisschen wie eine Droge wirkt. Es kann zu einer Sucht werden, praktisch stellvertretend für das richtige Leben (…) ja. #01:04:06-0#
  • Da hast du Recht; neue Studien stützen diese Ansicht. Die Bereiche im Gehirn, die durch diese Art von ewiger Unterhaltung aktiviert werden, sind dieselben, die durch bestimmte Substanzen aktiviert werden. Eben weil ich als Junge sehr zurückgezogen war, spreche ich genau darüber mit Kindern. Ich arbeite sehr gerne mit Kindern, auch mit sozial benachteiligten Kindern, Kindern in alternativen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. (…) Wir bezeichnen sie zwar als Jugendstrafeinrichtungen, aber das sind Gefängnisse für Kinder. (…) Als ich in ihrem Alter war, hatte ich genau die gleiche Einstellung wie sie und habe mich genauso wie diese Kinder verhalten. Ich fühlte mich auch in meinem Leben gefangen und all das. Es bedeutet mir also sehr viel, dass ich als jemand, der das Glück hatte, diesen Verhältnissen zu entkommen, nun an diese Kinder herantreten kann, ihnen einen gangbaren Weg aufzeigen und sie hoffentlich ermutigen kann, ihn auch zu gehen. Für diejenigen, die nur diese heutige, coole Version von mir kennen, ist es interessant zu sehen und zu verstehen, dass ich eben nicht immer dieser coole Typ war. Diejenigen, die mich nur als verrückten Kerl kennen, nun, denen muss ich eingestehen, dass ich der schon immer war. Das war nie anders; daran lässt sich nichts ändern. #01:06:58-0#
  • Du sagst da was ganz Wichtiges. (…) Es steht uns als Menschen zu, uns zu entwickeln und uns selbst zu verbessern. Wir werden nicht perfekt geboren, aber wir können versuchen, uns selbst und unsere Umgebung besser zu machen. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich diesen Podcast mache: um den Menschen zu zeigen, dass sie die Kraft dazu haben. #01:07:31-0#
  • Absolut richtig. Das interessante an uns Menschen ist, dass wir eine physiologische Fähigkeit haben, uns anzupassen und zu verbessern. Egal, ob es nun um das Lernen geht, um das Erlernen von Fähigkeiten wie Malen, Musizieren, Sprechen, oder um physische Fähigkeiten, die uns körperlich stärker machen, wir haben diesen erstaunlichen, anpassungsfähigen Organismus, mit dem wir gesegnet sind. Ich finde es irre, wenn man nicht herausfinden möchte, was man damit alles machen kann. #01:08:11-0#
  • Oh, außerdem ist es auch wichtig, die unterschiedlichen Möglichkeiten zu erforschen; nicht nur die physischen, sondern auch die geistigen. #01:08:19-0#
  • Eines ist mir besonders bei meiner Tätigkeit aufgefallen: Ich habe herausgefunden, dass Athleten am empfänglichsten für die Dinge sind, die ich unterrichte. Ich denke, das kommt daher, weil die meisten schon mal von etwas namens Sportpsychologie gehört haben. Das ist Psychologie für Menschen, die verletzt oder lädiert sind. (…) Wenn der Begriff Sportpsychologie für Athleten okay ist, dann ist das zumindest ein Bezugsrahmen für Leute wie mich. Kreativen oder darstellenden Künstler sagt das schon viel weniger, also Musikern oder Tänzern. Mit ihnen zu arbeiten, ist ein reiner Genuss für mich, weil wir in ihrem Fall an Spitzenleistungen arbeiten und daran, wie sie die bestmöglichen Ergebnisse aus sich herausholen können. Aber es ist ein völlig anderer Bezugsrahmen als der bei Sportlern. (…) Das, was du gerade gesagt hast, verstehe ich nur zu gut, weil es viele verschiedene Wege gibt, wie sich Leistung oder Stärke oder Fähigkeiten manifestieren. Mich persönlich interessieren sie alle, und ich suche immer nach Methoden, mit denen Menschen das verbessern können. #01:09:53-0#
  • (…) Ja. Du (…) hast auf jeden Fall eine Menge gutes Material dazu herausgebracht. #01:10:02-0#
  • Vielen Dank dafür. #01:10:03-0#
  • I: Ich weiß nicht, wie es bei dir zeitlich aussieht, aber ich würde gerne (…) noch zwei Dinge ansprechen. #01:10:13-0#
  • Okay. #01:10:14-0#
  • Interessenten können dich über deine Webseite erreichen. Sie lautet mikegillette.com. #01:10:21-0#
  • Ja. Das wäre toll, wenn sie die besuchen. Dort findet man auch Links zu all meinen Social Media Kanälen wie YouTube, Instagram, Twitter, Facebook und allen anderen. #01:10:33-0#
  • Ja. Unsere Zuhörer möchte ich noch auf einen gratis Download deines Buches „Tough as Nails“ hinweisen. Das ist sehr gut. Ich möchte ihnen das ans Herz legen und empfehle ihnen, sich das herunterladen. Sobald sie das durchgelesen haben, werden Sie höchstwahrscheinlich zu „Strength Psychology“ oder „Mind Boss“ greifen. #01:11:00-0#
  • (…) Das stimmt. Außerdem arbeiten wir an der nächsten Ausgabe von „Strength Psychology“. Die Aufnahmen beginnen im Juli. #01:11:12-0#
  • Cool. #01:11:13-0#
  • Ja. Direkt bei Critical Bench in Tampa, Florida. Ich freue mich schon darauf. #01:11:18-0#
  • Oh, cool. #01:11:19-0#
  • Das ist so etwas wie die nächste Stufe. #01:11:21-0#
  • Eine Frage: Was würdest du dem Publikum zuerst empfehlen? Den Kurs “Strength Psychology” oder das Buch “Mind Boss”? #01:11:32-0#
  • Na, ja, die Inhalte sind sehr ähnlich. #01:11:37-0#
  • Ja, es gibt gewisse Überschneidungen. #01:11:38-0#
  • Manche Menschen lesen lieber. Dann empfehle ich das Buch. Manche hören lieber zu. In dem Fall müssen sie sich den Kurs holen. Ich kenne Leute, die (…) sich den Kurs holen und mir dann erzählen, dass sie ihn sich unzählige Male angehört haben. Sie hören sich das nicht im stillen Kämmerlein an, sondern auf dem iPod oder im Auto. Das interessante an Informationen ist, dass man sie sich einmal anhört und sich dann denkt, man habe es verstanden. (…) Aber so funktioniert unser Gehirn nicht. Wir müssen uns normalerweise etwas sechs Mal anhören, bevor wir anfangen, es zu verinnerlichen. Wenn es wirklich darum geht, uns Wissen anzueignen, das wir auch anwenden können, (…) möchte ich den Menschen Folgendes mitgeben: Sprache schafft Bewusstsein. Wenn man sich etwas anhört, wird man sich dessen bewusst. Durch Übung eignet man sich Fertigkeiten an oder vermittelt sie anderen. Einzel-Coaching führt zur Änderung des Verhaltens. Manche hören sich etwas an, nehmen das bewusst auf und sind selbst ausreichend motiviert, nachzuschlagen bis sie anfangen, es zu verinnerlichen und es zu einem Teil ihres Lebens zu machen. Das Schöne an Programmen wie „Strength Psychology“ ist: Man kann sie ansehen, sie hören und immer wieder abspielen. Mit einem Buch lässt sich so etwas nicht machen. (…) So gesehen kann man sich den Inhalt langfristig aneignen. Das Buch wiederum ist sehr praktisch. Manche vom alten Schlag – so wie ich – wir lesen lieber. Ich lese gerne und ich lese sehr viel. Aber wozu die Qual der Wahl? Am besten holt man sich einfach beides. #01:13:45-0#
  • Ja, das habe ich; und ich habe es nicht bereut. Das ist ein klares Ja. Wenn man einen Film sieht oder ein Buch liest und es dann nach vielleicht sechs Monaten oder einem Jahr NOCH EINMAL liest, (…), entdeckt man höchstwahrscheinlich neue Dinge, die man vorher nicht gesehen oder wahrgenommen hat. #01:14:13-0#
  • Stimmt genau. #01:14:15-0#
  • Das liegt daran, dass man sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Wenn es einem nichts Neues bietet, handelt es sich entweder um ein sehr langweiliges Buch oder einen sehr langweiligen Film oder aber man hat sich selbst in der Zwischenzeit nicht weiterentwickelt. #01:14:30-0#
  • (…) Stimmt. Du bist vielleicht so; einige meiner Freunde sind es auch. Es gibt ein paar Bücher, die ich immer und immer wieder lese. Selbst wenn man nichts komplett Neues oder anderes darin findet, versteht man mit jedem Mal besser, was da drin steht. Das passiert einfach immer. Man durchdringt Informationen und versteht sie besser. #01:15:05-0#
  • Würdest du uns ein Buch nennen, das du immer wieder liest? #01:15:11-0#
  • Okay. Ich möchte niemanden frustrieren, aber es ist schon lange vergriffen ist. Man kann es zwar noch kriegen, aber es ist teuer. Es ist die Biographie „Spiritual Journey of Joseph L. Greenstein: The Mighty Atom“. #01:15:24-0#
  • Oh, okay. Das Buch kenne ich. Ich habe es und kann nur sagen, dass es eine wirklich gute Empfehlung ist. #01:15:30-0#
  • Ich habe mir schon gedacht, dass ich damit bei dir offene Türen einrenne. #01:15:33-0#
  • Halleluja! Ja, das tust du.
  • Siehst du. Bei mir war das so: Ich habe mir das Buch zugelegt. Ich weiß, dass du Chris Rider kennst. #01:15:47-0#
  • Ja! #01:15:47-0#
  • Deine Zuhörer wissen vielleicht, wer er ist, weil du schon einiges über ihn gebracht hast. #01:15:53-0#
  • Ja. Für all die Zuhörer, die ihn vielleicht nicht kennen: Chris Rider ist mein Mentor im Strongmen Training (Feats of Strength – bitte entsprechenden deutschen Fachausdruck nachtragen; konnte ich nicht abschließend recherchieren). #01:16:05-0#
  • Ich habe Chris 2008 kennengelernt, und zwar bei einem Workshop, den Dennis Rogers gehalten hat. Ich möchte nur kurz aufzeigen, wer jeweils der Mentor von wem war: Mighty Atom war der Mentor von Slim „The Hammer Man“, Slim „The Hammer Man“ war der Mentor von Dennis Rogers, Dennis Rogers war der Mentor von Chris, und Chris wiederum war mein Mentor. Er ist sehr aktiv und engagiert, und hat schon mit etlichen Männern UND Frauen gearbeitet. Nebenbei bemerkt: Wir brauchen mehr Frauen in dem Bereich. Soweit dazu. #01:16:42-0#
  • Ja! #01:16:43-0#
  • Bei diesem Workshop habe ich ihn kennengelernt. Das Lustige daran: Ich habe Dennis Anfang 2008 kontaktiert - vielleicht war es auch Ende 2007 -, weil ich interessante und vielversprechende Talente trainiert habe. Das waren Einzeltrainings; darunter waren etliche und auch sehr bekannte Kampfsportler. Als ich auf Dennis aufmerksam wurde, habe ich ihn angerufen. Damals hatte ich als Bodyguard alle Hände voll zu tun, und suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit, um nach Houston zu fliegen und mit Dennis zu sprechen. Ich fand das interessant, was er tat. Nicht dass ich jemals geglaubt hätte, dass ich das auch machen könnte. Mir war klar, dass ich das nicht kann. #01:17:33-0#
  • Wann hast du festgestellt, dass das etwas ist, das du tatsächlich erreichen kannst? #01:17:41-0#
  • Das war folgendermaßen: Ich habe Dennis gesagt, dass ich ihn und seine Arbeit gerne analysieren würde. Ich wollte wissen, wie jemand, der älter und kleiner ist als ich – wenn auch nur ein bisschen kleiner – all das bei lebendigem Leib hinkriegt. Es war mir schleierhaft, wie er das, was er da machte, hinkriegen konnte. Wir suchten lange nach einem passenden Termin, denn wenn er konnte, konnte ich nicht – und umgekehrt. Dann schlug er folgendes vor: „In ein paar Monaten mache ich diesen Workshop. Da werden ein paar Jungs dabei sein. Mit einigen von ihnen trainiere ich seit längerem. Wenn du willst, komm doch auch. Dann kannst du mit denen übers Trainieren sprechen.“ Ich habe schon immer Jagd auf Trainingsinformationen gemacht. Ich bin also im Grunde zu dieser Veranstaltung gegangen, um diese Leute zu analysieren, um mit ihnen darüber zu sprechen, wie sie das, was sie machen, machen. Oder wie sie denken, dass sie das, was sie machen, denn machen. Ich hatte nämlich den Eindruck, dass manche von ihnen das gar nicht wussten, als sei es etwas Unbeschreibliches und Magisches, wobei ich magisch hier nicht im Sinne von Zauberkunst verstehe. Also bin ich zu dieser mehrtägigen Veranstaltung gegangen und habe dort natürlich Chris kennengelernt. Er war großartig. Außerdem war dort noch jemand – Greg Martonick. Er ist leider vor ein paar Jahren gestorben. #01:19:06-0#
  • Ja. #01:19:07-0#
  • Aber Greg war ein- #01:19:09-0#
  • Moment bitte. #01:19:10-0#
  • Ja. #01:19:11-0#
  • Nur ganz kurz: Ich habe eine Buchrezension auf meiner Kettlebell-Seite von Eric Moss, der ein Schüler von Martonick war. #01:19:25-0#
  • Ja, genau, Greg war sein Mentor. Eric ist großartig. Ich bin gemeinsam mit Eric aufgetreten; das muss 2014 gewesen sein. Jedenfalls bin ich bei dieser Veranstaltung und sehe dort Greg. Greg ist älter als ich und war lange mit Stahl biegen und solchen Sachen beschäftigt. Davon hatte er sogar Schulterprobleme bekommen, so dass seine Darbietungen darunter litten. Er musste sich sogar Operationen unterziehen und hatte auch einen Herzinfarkt hinter sich. Deshalb fing er an, Dinge mit seinen Zähnen zu verbiegen. Er klemmte sich eine Münze zwischen die Zähne und verbog sie dann mit dem Daumen. Dazu braucht es enorm viel Kraft. Ich stand nur wenige Meter von ihm entfernt und war sprachlos. Es war so toll. Greg fragte mich, ob das Buch von Atom gelesen hatte. Ich musste verneinen, aber ich kannte es. Ich sagte: „Es ist doch vergriffen, nicht?“ Er sagte nochmal ausdrücklich und eindringlich „Du musst dir dieses Buch besorgen. Es wird die Art, wie du diese Kunststücke machst, verändern.“ Er hatte angenommen, dass ich auch das machen würde. Aber dem war nicht so. Ich hatte das noch nie versucht. Er sagte das mit großem Ernst; und ich dachte mir nur „Wow!“ Kaum war ich an jenem Abend wieder im Hotel, bestellte ich sofort auf amazon.com das Buch und schreckte nicht einmal vor dem stolzen Preis für dieses Exemplar zurück. #01:21:11-0#
  • Stimmt, das Buch ist teuer. Aber wenn dir der Inhalt was sagt und du das verstehst, dann ist es… #01:21:24-0#
  • Es ist so bedeutsam! Es sagt so viel, auch wenn es nicht direkt ausgedrückt wird. Wenn du nur offen dafür bist, wirst du Dinge lernen, Lektionen fürs Leben mitbekommen, und immer wieder darauf zurückgreifen. Greenstein war so inspirierend. Er hat unzähligen Widrigkeiten getrotzt; selbst wenn ich 20 Leben hätte, würden mir die nicht reichen, um das zu vollbringen, was er vollbracht hat. Er ist zwar klein, aber für mich und für viele andere ein überlebensgroßer Held. Meine Tochter hat vor einigen Jahren ein Zitat von Joseph Greenstein auf Leinwand gemalt; es hängt daheim in meinem Fitnessraum, und ich kann jederzeit einen Blick darauf werfen kann. So war das mit Mighty Atom. Lass mich noch schnell eine Anekdote erzählen. Aber zuerst beantworte ich deine Frage, die da lautete: „Wann habe ich gewusst oder wann habe ich geahnt, dass ich das machen wollte?“ Nun, das war bei diesem Workshop. Wir schreiben das Jahr 2008. Ich habe beruflich alles erreicht, was ich jemals erreichen wollte. Zu jener Zeit war ich bereits zwei Jahre als Bodyguard für einige der reichsten Leute auf diesem Planeten tätig. Namen, die alle deine Zuhörer mit Sicherheit kennen. Ich führte ein großartiges Leben – dennoch war ich auf der Suche nach etwas, wusste aber nicht wonach. Das wonach ich suchte war nichts Äußerliches oder Oberflächliches, sondern ging viel tiefer. Ich suchte nicht nach einem weiteren schmückenden Erfolgsjob für meinen Lebenslauf; um das zu finden, was ich suchte, musste ich mich eingehender mit mir beschäftigen. Ich musste etwas finden, das mich auf persönlichere, ruhigere Weise herausfordern würde. Das, was ich bei diesen Männern gesehen hatte, interessierte mich wirklich. Der Höhepunkt des Workshops war die überraschende Ankündigung, dass jeder am letzten Tag Teil eine Vorstellung geben würde. Dennis trat in einer Kirche in Houston, Texas, auf, deren Gemeindemitglied er zu jener Zeit war, und die „Powerhouse Church“ hieß. Was für ein passender Name. Die Kirchen in Texas sind groß und laut und imposant. Die Vorstellung war für Kinder und Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren gedacht. Weil Dennis ein berühmter Vertreter seiner Zunft ist, durfte er mit seinen Jungs dort auftreten. Chris Rider sprengte Ketten mithilfe von Kabeln, die in seine Haare eingeflochten waren. Kinder lieben das, weil niemand so etwas macht. #01:24:30-0#
  • Aus gutem Grund! #01:24:33-0#
  • Nicht wahr? Am Abend davor musste ich Dennis unbedingt diese Frage stellen: „Was soll ich machen?“ Seine Antwort „Oh, ich glaube, ich habe da etwas, das du bestimmt gut machen würdest.“ Ich fragte ihn: „Was ist das?“ Er antwortete: „Wie wäre es, wenn der Typ da“ - und er zeigte auf jemand – „von einer Klappleiter auf deinen Bauch springt?“ (…) Meine Antwort: „Das klingt beeindruckend. Das klingt gefährlich.“ Woraufhin er sagte: „Das kriegst du hin.“ Wenn er meint, dass ich das hinkriege, dann kriege ich das auch hin. Wir probierten den Sprung von einer der niedrigeren Stufen aus – und das Ganze war genauso schlimm, wie es sich angehört hatte. Wir reden hier von einer etwa einen Meter hohen Leiter, keiner Leiter für Malerarbeiten. Ein Sprung aus größerer Höhe wäre auch für die springende Person gefährlich. Also haben wir das gemacht. Ich war nach Chris an der Reihe. Das war nicht so toll. Da wurden dicke Wälzer zerrissen und Hufeisen verbogen – die üblichen Kunststücke aus dem Repertoire eines jeden Kraftmenschen. Aber die Kinder hatten keine Ahnung, wie schwierig das ist. Jeder wurde schon einmal an den Haaren gezogen; und als Chris seine Vorstellung gab, haute er das Publikum regelrecht vom Hocker. Ich durfte nach Chris auf die Bühne und dachte mir damals: „Ich muss nicht wirklich etwas machen, bloß überleben. Dazu braucht es keine besonderen Fähigkeiten.“ Aber die Kinder waren ziemlich beeindruckt. Dennis hat ein bisschen erklärt, was wir gleich vorführen werden, und dann stieg dieser Typ auf die Leiter. Ich lag davor auf dem Boden, er stand oben drauf. In dem Moment haben wohl alle im Raum begriffen, was gleich vor sich gehen wird. Ich erinnere mich noch ganz deutlich an ein Mädchen, das jemanden laut fragte: „Wird er sterben?“ Ich dachte bei mir: „Das ist eine gute Frage. Das werden wir gleich herausfinden.“ Wir haben den Stunt gemacht; ich habe überlebt. Ich würde sagen, das war der Zeitpunkt, als meine Entscheidung gefallen ist. Ich habe ein paar Wochen damit gekämpft. Als ich wieder in Las Vegas war rief ich Dennis Rogers an und sagte „Der Workshop und alles drum herum hat mir gefallen. Ich fand es toll, was du mir alles gezeigt hast und wie nett alle zu mir waren.“ Ich gehörte ja nicht zu dieser kleinen Gemeinschaft. Ich war ein Außenseiter. Dann sagte ich: „Diese Sache spricht mich sehr an. Ich möchte das machen, weiß aber noch nicht wie.“ Ich denke nämlich nicht, dass ich stark genug bin. Aber ich werde mir etwas überlegen. Eine Metapher, die beschreibt, was da vor sich geht, wenn man einen Menschen etwas tun sieht, das unmöglich erscheint. Er hat mir damals geantwortet: „Ich habe gehofft, dass das passiert.“ Ich habe gesagt: „Großartig.“ Ich verbrachte ein paar Monate damit, vergeblich ein Repertoire zu erstellen, habe mich aufgerieben, denn ich wusste nicht, was ich tat. Das war so wie damals mit 20, als ich nach dem Unfall alles gemacht habe, um wieder meine alte Form zu bekommen. Aber dann habe ich das nochmal in Angriff genommen, fand heraus, was ich wie anfassen musste und stand schlussendlich mit einem Repertoire da. Und jetzt stehe ich heute hier. Aber abschließend noch eine Anekdote: Darin geht es um Slim „The Hammer Man“, dem Mentor von „The Mighty Atom“. Ich kannte Slim “The Hammer Man” lange bevor ich überhaupt von Dennis Rogers gehört hatte. Seine Kraft ist sogar in vielen Kreisen, die sich mit Krafttraining beschäftigen, sehr bekannt, einfach weil er schon so lange im Geschäft ist und einzigartig ist. Damals – wir schreiben den Februar 2013, ich besitze mein Mighty Atom Buch – rief mich Chris Rider und lud mich zum „Coney Island Strongmen Spectacular“ ein. Coney Island – dort sind schon „The Mighty Atom“ und viele andere bedeutende Kraftmenschen und Darsteller der Vaudeville-Ära aufgetreten. #01:29:19#
  • Frank Delventhal:: Davon träume ich auch. Einmal im Leben möchte ich dort auftreten. Ich bin ganz bei dir. #01:29:26#
  • Ja. Natürlich wollte ich da mitmachen; da kann man sich in Demut üben. Die Veranstaltung hatte es bereits im Jahr zuvor geben. Falls jemand die Dokumentation „Bending Steel“ gesehen hat – am Ende des Films ist die erstmals aufgeführte Show von 2012 zu sehen. Jeder, der sich für das, worüber wir heute gesprochen haben, interessiert, sollte sich diese Dokumentation ansehen. Sie ist außergewöhnlich. #01:30:01#
  • Ja. Ich werde sie verlinken. #01:30:02-0#
  • Ich habe die Doku gesehen. Das ist auch so etwas, was ich mir immer wieder ansehe. Sie gibt mir sehr viel. So. Wir sind im Jahr 2013, ich wurde zu dieser Veranstaltung eingeladen, bei der ich mir neben all den angesagten Größen unbedeutend vorkomme. Ich habe mich nämlich nie als Teil der Strongmen-Gemeinschaft gefühlt, weil ich mich selbst nicht stark finde. Ich bin taff und sehr widerstandsfähig. Wir besprechen, was ich machen werde, und dann erwähnt er, dass Slim wahrscheinlich auch kommen wird. „Das ist ein Scherz, oder? Ich werde wirklich Slim kennenlernen?“ denke ich. Ich war hin weg. Und das sagt einer, der schon viele Berühmtheiten gesehen hatte. Aber niemand von ihnen hat mich beeindruckt. Berühmtheiten sind für mich einfach nur Berühmtheiten. Aber Slim? Der Typ, um den es im Mighty Atom Buch geht? Ich war außer mir. Außerdem fügte Chris noch hinzu „Ja. Mike Greenstein kommt vielleicht auch.“ Oh! Mike Greenstein! Mighty Atom Junior, Atoms Sohn. Wow! Ich brachte also mein Buch mit und wollte Slim und Mike bitten, es zu signieren. Ich hatte sogar ein Poster von Slim dabei. Dann wurde es Sonntag, und das Coney Island Strength Spectacular begann. Was für ein Erlebnis. Ich habe Menschen getroffen, die ich schon seit langem kannte. Das war sehr spannend. Coney Island an sich ist ja schon spannend. Außerdem kamen ein paar Freunde, die an der Ostküste wohnen. Das Wetter war schrecklich; es regnete und es war kalt. Aber trotzdem waren alle da. Herrlich. Ich ging kurz aus dem Coney Island Sideshow Theatre raus. Dort hielten wir uns vor der Show auf, und auch weil es draußen regnete und keiner so recht raus wollte. Jemand hatte ein paar Exemplare der New York Post mitgebracht, wo einige von uns – inklusive Chris – in einem Artikel samt Fotos vorgestellt wurden. Wie aufregend. Ich nahm also mein Exemplar, brachte es in mein Auto und ging zurück ins Sideshow Theatre. Was ich aber nicht wusste: Während ich zwei, drei Minuten weg war, waren Slim und Mike eingetrudelt. Einige meiner Töchter waren ebenfalls in New York dabei. Sie haben mitbekommen, wie ich zur Tür reinkam und Slim “The Hammer Man” und Mike Greenstein, der sich gerade ein altes Poster von Atom anguckte, erkannte. Das war einfach zu viel für mich. Ich bin direkt in die Toilette, und musste erst mal wieder zu Atem zu kommen. So etwas war mir in meinem Erwachsenenleben noch nie passiert, bei keinem Politiker, CEO oder Star. So etwas war mir noch nie passiert. (…) Ich sammelte mich, ging wieder raus, schnappte mir mein Slim-Poster und mein Mighty Atom Buch, ging direkt auf Slim zu und sagte: „Mein Name ist Mike. Ich freu mich, Sie kennenzulernen. Würden Sie das für mich signieren?“ Slim sagte kein Wort. In echt ist er sogar noch größer. Er ist riesig, ein Berg von einem Mann. Mike Greenstein ist einfach Mike Greenstein; er war damals schon über 90. Man bekommt hautnah Geschichte und die Verbindung zwischen den Leuten mit, und wie besonders das ist. #01:34:30-0#
  • Wenn man sie in Filmen oder so sieht – ich habe sie nie persönlich getroffen – scheint es, als wären sie von einer besondere Aura umgeben. Stimmt das? #01:34:44-0#
  • Das ist wahrscheinlich etwas, das nur Menschen wie du und ich sehen können, weil sie uns so viel bedeuten. Ich habe diese Bedeutung in dem Moment gefühlt. Slim signierte also beide Objekte und gab sie mir zurück. Er sagte kein einziges Wort. Er ist ganz dieser ruhige, distanzierte, beeindruckende Typ. Ich gab das Buch Mike Greenstein, er war ein bisschen liebenswürdiger und sagte „Bitteschön“ oder so etwas. Ich bedankte mich und verstaue die Sachen sofort in einem Koffer. Slim drehte sich weg und mir kam nicht mal in den Sinn, dass wir im Laufe des Tages überhaupt noch einmal miteinander sprechen würden. Aber das war in Ordnung; immerhin hatte ich ihn getroffen und ein Autogramm bekommen. Was ich aber nicht sah: Er zog etwas aus seiner Tasche und kam wieder zu mir. Ich sah, dass er etwas in der Hand hielt, konnte aber nicht erkennen was, weil seine Hände zehn Mal größer sind als bei anderen. Es war ein Glasfläschchen. Wie du aus dem Buch weißt, war „The Atom“ SEHR gesundheitsbewusst. Ihm lag viel an gesunder Haut und gesunden Haaren. In dem Glasfläschchen war etwas von Mighty Atoms Haaren. Versehen war es mit einem Etikett, auf dem stand: “Haare von Mighty Atom, überreicht von Slim „The Hammer Man” Farman.” Das drückte er mir in die Hand. Wieder kein Wort. (…) Er hat mir das einfach gegeben und (…) bis heute finde ich keine Worte, um zu beschreiben, was ich in dem Moment gefühlt habe. Es war ein Zeichen der Aufnahme in diese sehr kleine Bruderschaft, wenn man so will. Diese Geste machte mich umso glücklicher, weil er ja noch nichts von mir gesehen hatte. Ich war mir nämlich nicht sicher, ob die Dinge, die ich zeigen wollte überhaupt in die Show passten. Das waren gefährliche Dinge: Bewehrungseisen mit dem Hals verbiegen, Pfeile brechen, auf Glasscherben liegen, Ziegelsteine zertrümmern und solche Sachen. Ich habe einen Stapel Ziegelsteine zertrümmert. Irgendwo auf meiner Facebook-Seite gibt es ein Bild davon. Auf dem Bild steht Slim schräg hinter mir und schaut mir dabei zu. Ich stand noch nie so unter Druck wie damals. Das Publikum johlte, Handycameras wurden gezückt. Es war toll. Ich bin das gewöhnt. Aber dass Slim dort war, war Stress pur. Glücklicherweise lief alles gut. Er kam zu mir und schüttelte mir die Hand. Ich wüsste nicht, dass er so etwas schon mal und dann aus solcher Nähe betrachtet hätte. Es war wohl neu und einzigartig. Aber der Punkt ist – wenn es denn einen gibt –, dass mich damals etwas so begeistert hatte, dass ich mir ein Flugticket gekauft habe, in einen Raum voller Leuten stand, die ich nur ein paar Tage kannte, und die Dinge vorführten, von denen ich nur träumen konnte, die ich aber unbedingt machen wollte. Ich wollte mehr über diese Szene erfahren, mir etwas vornehmen, was an sich jeglicher Vernunft entbehrte und mir damals unerreichbar schien - immerhin war ich 46 Jahre alt, als ich begann; 46 –, und meinen eigenen Stil finden weil ich die Jungs nicht bloß kopiere. #01:39:10-0#
  • Nein, deine Vorführungen sind wirklich einzigartig. #01:39:14-0#
  • Das sind sie in dieser Szene. Im Kampfsport sind sie etwas verbreiteter. Aber ich hatte etwas gefunden, das mich ansprach, mich interessierte. Das ist auch etwas, was ich anderen vermitteln möchte. Ich sehe mich selbst nicht als Entertainer, sondern als Lehrer, und führe bestimmte Dinge im Rahmen von Seminaren vor, um etwas zu veranschaulichen. Sie sind interessant, aber da steckt mehr dahinter. Mir geht es nicht um den Applaus, staunendes Raunen oder so etwas. Es soll jemandem was bringen. Was ich mache ist gefährlich und tut weh. Wenn es keine tiefere Bedeutung hat, dann will sich jemand damit nur wichtig machen – und das will ich nicht. Ich bin kein Entertainer. So arbeite ich nicht, ich biete keine Unterhaltung. Aber ich möchte etwas weitergeben, und das ist das Wesentliche. Sich von einem 46-jährigen Anfänger, der komplett neues Terrain betritt, hin zu einem anerkannten Profi zu entwickeln, der von jemandem wie Chris Rider zu einem prestigeträchtigen Event eingeladen wird, und dessen Anwesenheit von jemanden wie Slim, dieser lebenden Koryphäe, zur Kenntnis genommen wird – das schafft jeder, der das, was er leidenschaftlich gerne tut, auch verfolgt, selbst wenn es so scheint als wäre es verkehrt oder zu teuer und überhaupt der falsche Zeitpunkt dafür. In meinem Fall trafen all diese Dinge zu. #01:41:11-0#
  • Ja. Ich denke, die ganze Sache mit den Strongmen oder den Darbietungen ist eher spirituell als physisch. #01:41:26-0#
  • (…) Nun, „The Mighty Atom“ würde dir Recht geben - definitiv. Ich denke, das ist der Grund, warum mich die Botschaft dieses Buchs so berührt. Er hat einen Teil seiner selbst mit den physischen Kunststücken verknüpft. Es ging nie nur darum, sie einfach auszuführen. Sie hatten einen Zweck. Er wollte zeigen, was alles möglich ist. Sein ganzes Leben war so: es zeigt, was alles möglich und erreichbar ist. Allein deshalb muss jeder dieses Buch lesen. Es ist jeden einzelnen Cent wert. #01:42:12-0#
  • Weißt du, wer die Rechte daran hat? Ich wäre so froh, wenn es einfach als E-Book veröffentlicht werden würde, damit sich mehr Leute dieses Wissen aneignen können. #01:42:24-0#
  • Stimmt. Ich wundere mich immer, dass das nicht passiert ist. Ich habe meine Ausgabe nämlich vom Autor gekauft. Er hatte einige davon; und meines ist von ihm signiert. #01:42:35-0#
  • Meins auch! #01:42:36-0#
  • Wunderbar! Meins ist von Spielman2:51-0#
  • Ja, ich weiß. #01:42:52-0#
  • Ich hatte 2014 das große Glück, bei einer Show an der Ostküste etwas mehr Zeit mit ihm verbringen zu können. Es ist einfach etwas Besonderes, diesen Leuten, die Teil dieses großartigen Erbes waren, so nahe sein zu dürfen. Solche Menschen findet man in allen Bereichen, in sämtlichen kreativen Bereichen, in allen Bereichen, in denen die Physis eine große Rolle spielt. Ich ermutige jeden, der die nächste Stufe in seinem Vorhaben erreichen möchte, auch mit einem Mentor zusammenzuarbeiten. Es war unendlich bereichernd mit all den verschiedenen Leuten zu tun zu haben, mit all den Dennis Rogers‘ dieser Welt, mit einigen der Kampfsportler, mit denen ich Zeit verbracht habe, die mich wiederum mit anderen in Kontakt bringen konnten. Das Ergebnis war erstaunlich. #01:44:05-0#
  • Das ist also im Grunde dasselbe, wie das, was du mit deiner Polizeikarriere gemacht hast. Du hast das, was du lernen wolltest, um Trainer zu werden, hartnäckig verfolgt und deinen eigenen, einzigartigen Lebenslauf gestaltet. #01:44:17-0#
  • Ja. Mein Ansatz ist ganz einfach. Man muss ihn allerdings umsetzen. Es zahlt sich aus; man muss es sich nur stark genug wünschen. Wenn du wirklich aus einem Flug springen willst, weil es dir etwas bedeutet, musst du damit umgehen lernen, dass du eigentlich gar nicht aus dem Flugzeug springen willst. Letzten Endes zählt nur das Ergebnis. Du musst es wollen. Es geht um den Willen. Ich weiß nicht, ob es sich einfach in wenige Worte zusammenfassen lässt. Schließlich haben wir ziemlich ausführlich und lange darüber gesprochen. Aber ich denke, das ist ein gutes Schlusswort. #01:45:00-0#
  • Das ist großartig. Ich genieße dieses Gespräch wirklich. Normalerweise stelle ich am Ende eines Interviews immer noch drei Fragen. Wenn es dir nichts ausmacht, dass ich dich noch länger belästige, hätte ich noch drei Fragen. #01:45:23-0#
  • Ich werde deine drei Fragen beantworten. #01:45:25-0#
  • Oh, danke! Trainierst du mit oder ohne Musik? #01:45:29-0#
  • Fast immer mit Musik. Das geht bei mir problemlos, weil ich alleine trainiere. Für alle anderen Fälle gibt es Kopfhörer. Ich trainiere immer alleine. Ich finde immer eine Möglichkeit, alleine zu trainieren – und das seit Jahrzehnten. Bevor ich mein eigenes Fitness-Studio daheim hatte, habe ich mir immer solche gesucht, die ich außerhalb der Öffnungszeiten benutzen konnte, weil ich so effektiver trainiere. Ich mag die Atmosphäre in kommerziellen Fitnesscentern nicht. Wenn ich unterwegs bin, habe ich manchmal keine andere Wahl. Aber diese kommerziellen Fitnesscenter mit all den Spiegeln und der Schau-mal-was-ich-kann-Einstellung nerven. Ich kann meinen Ehrgeiz nicht einfach ausschalten. Wenn ich dann mal dort bin und eigenes Equipment mitgebracht habe, lasse ich mich eventuell dazu hinreißen, Dinge zu tun, die ich nicht geplant hatte. Männer neigen im Fitness-Studio zu einem komischen Verhalten, und ich möchte diese Seite von mir gar nicht erst ausleben. Ich konzentriere mich auf mich selbst. Ich möchte nicht angeben, und brauche auch keine Bestätigung a la „Oh, schau, ist das nicht toll? Er ist über 50 und trainiert immer noch.“ Das brauche ich nicht. Also: Ich trainiere mit Musik. Die Musik ändert sich je nachdem, wie ich mich fühle oder was ich geplant habe. Aber ja, mir hilft die Musik. #01:47:30-0#
  • Hast du ein Lieblingslied oder vielleicht sogar ein Lieblingslied der Woche? #01:47:35-0#
  • Nein. Ich liebe Musik und höre mir fast alles an. Bloß mit Opern habe ich es nicht so; ich kenne nur ein paar. Da bin ich nicht so bewandert. Aber ich liebe Klassik, Jazz, verrückte, laute Metal-Musik und echte, alte, traditionelle Countrymusik – auch dazu könnte ich Gewichte stemmen. Sie ist normalerweise laut und schnell; aber das kann Klassik auch sein. Es darf auch Old-School R’n‘B sein. Ich liebe so viele verschiedene Arten von Musik, dass ich mich nicht auf einen Typ festlege. #01:48:19-0#
  • Das ist cool; da haben wir ein paar Gemeinsamkeiten. Ja. #01:48:25-0#
  • Nun, in Europa ist das viel verbreiteter, weil sich dort viele verschiedene Kulturen begegnen. In den USA hält man sich eher an Bekanntes. Da hört man dann „Nein, das gefällt mir nicht“ oder „Das ist komisch. Das sagt mir nichts. Das finde ich blöd“; sie bringen kein Interesse für eine anderen Richtung auf. #01:48:54-0#
  • Ja, bei uns ist das auch so. Es gibt Leute, die sagen “Okay, ich versuche es.” Dann gibt es Leute, die blocken ab: „Nein, ich möchte nur das, was ich kenne, und nichts Neues. Veränderungen sind schlecht!“ #01:49:12-0#
  • Ich mag dein Land ganz besonders, weil mein Lieblingskomponist aus Deutschland ist – Beethoven. Ich bin auch Wagner-Fan. Aber die Europäer haben erst spät den Jazz entdeckt, diese einzigartige, amerikanische Musikrichtung. Sämtliche Jazzmusiker zog es nach Deutschland, weil sie dort entdeckt werden wollten. Hierzulande gab es interessanterweise einfach kein Publikum. Das ist interessant. Wie auch immer; wir kommen ganz vom Thema ab. Also ich trainiere gerne mit Musik – um es kurz zu machen. #01:49:48-0#
  • Okay, cool. Zu guter Letzt: Könntest du unseren Zuhörer drei Punkte nennen, wie sie ihr Leben verbessern können? Das kann Training oder Gesundheit sein, oder einfach ein netterer Mensch zu werden. #01:50:05-0#
  • Okay, das ist eine tolle Frage! Das Wichtigste, was ich ihnen mitgeben möchte: Egal, was du machst oder wo auch immer du gerade in deinem Leben stehst – man kann immer etwas verbessern. Man kann immer etwas besser machen, besonderer machen, bedeutungsvoller machen. Die Vorstellung, dass Denkmuster verändert werden können – viele Leute wollen das einfach nicht akzeptieren. Sie meinen, dass das nicht funktioniert. Ihr Motto lautet: „Wir sind, wie wir sind; unsere Gehirne sind, wie sie sind.“ Aber das stimmt nicht. Forschungsergebnisse zeigen immer wieder, dass das sehr wohl geht. Du kannst viel mehr erreichen, wenn du erst einmal offen dafür bist, dass es eine Möglichkeit gibt, das auch zu erreichen. Du musst daran glauben, dass du es schaffst. Dann musst du einfach an deinem Vorhaben arbeiten. Der zweite Punkt, den ich den Zuhörern mitgeben möchte, weil ich ihn jedem weitergebe, ist folgender: Unsere Kultur schätzt Arbeit nicht wirklich - zumindest ist das in den USA so. Wir lernen nicht mal alle gleich – und das wegen der Technik, die uns zur Verfügung steht. Wenn du weißt, dass die Antwort immer nur einen Klick entfernt ist, entzaubert das den Lernprozess. Leute, die etwas wirklich von Grund auf verstehen, die über profundes Wissen zu einem Thema verfügen – die gibt es immer seltener. Den Menschen fehlt die Geduld dafür. Es dauert nun einmal seine Zeit, bis man ein guter Tischler, ein guter Violinist oder Ballett-Tänzer geworden ist. Alles ist in Reichweite. Jede Antwort ist immer prompt verfügbar, nur mit dem Verständnis hapert es. Deshalb spreche ich immer davon, tiefer in etwas einzusteigen. Es ist toll, wenn man etwa leidenschaftlich gerne macht und es auch weiter verfolgt, aber man muss wissen, dass er Arbeit erfordert. Das wissen die wenigsten. Sie wissen nicht, wie sich Arbeit – echte, harte Arbeit – anfühlt. #01:52:30-0#
  • Aber auch dieser Prozess kann angenehm sein. #01:52:33-0#
  • Sollte er! IDEALERWEISE sollte er angenehm sein. Aber der Begriff „Arbeit“ ist einfach negativ belegt. Zumindest in den USA. In dem Wort schwingt immer etwas Schwieriges mit. Doch wenn du deine Einstellung zur Arbeit irgendwie ändern kannst und es stattdessen als Verfeinerung, Kultivierung, Bereicherung ansiehst, als etwas, das etwas bringt. Formuliere es einfach in etwas Positiveres um. Arbeit ist bestenfalls hart. Arbeit kann frustrierend sein, wenn man an dem Punkt angelangt ist, an dem es scheinbar keinen Fortschritt gibt. Und der dritte Punkt ist: Sei ein vollkommener Mensch. Sei nicht nur physisch oder geistig ausgerichtet. Sei nicht auf dich selbst fokussiert. Sei jemand, der sich mit der Welt und mit anderen Menschen befasst. Sei ein netter Mensch. Das sagt viel aus, wenn man einfach nett zu Menschen ist. Es ist schön, zu sehen, wohin das führt. Finde heraus, was dich wirklich bewegt, was dir etwas bedeutet. Sei offen dafür, dass es Arbeit bedeutet, diese Dinge zu haben oder Dinge für sich selbst zu ändern. Sei ein vollkommener Mensch. Sei einfach die beste Ausgabe deiner selbst. #01:54:16-0#
  • Mike, vielen herzlichen Dank, dass du dir so viel Zeit für mich und das Publikum genommen hast. Das ist wirklich toll. #01:54:31-0#
  • Gern geschehen. Ich hoffe, dass etwas Nützliches dabei war. #01:54:35-0#
  • Vielen herzlichen Dank. #01:54:37-0#
  • Gerne. Bis dann! #01:54:38-0#
  • Tschüss! #01:54:39-0#
  • Tschüss! #01:54:40-0#

Kontakt zu Mike Gillette

Eines der lieblings Bücher von Mike und mir: "The Mighty Atom: The Life and Times of Joseph L. Greenstein by Ed Spielman"

Dokumentation "Bending Steel" mit Chris "Wonder" Schoeck in dem auch mein Mentor Chris "Haircules" Rider zu sehen ist.

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