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Initiation (Anfängerkurs)

Müsste ich meinen Weg zum Kettlebell-Training in wenigen Worten beschreiben, wäre die ehrlichste Antwort wohl: Gezielt über Umwege. Denn auf der Suche nach Möglichkeiten, mein bis dato stark ausdauerlastiges Sportprogramm um ein effektives Ganzkörperkrafttraining zu erweitern, wurde ich irgendwann auf dieses doch ziemlich archaisch anmutende Trainingsgerät aufmerksam, von dessen Wirkung zahlreiche Gesundheits- und Kraftsportexperten so überzeugt schienen. Die schiere Neugier und der Wille, die (teils recht komplexen) Bewegungsabläufe von Grund auf zu erlernen, führten mich schließlich zum Hamburg Kettlebell Club und genauer: in den Einsteigerkurs, der sprichwörtlich alles ins Rollen brachte.

Dort stand ich fortan wöchentlich auf der Matte – neben neun weiteren Teilnehmern, barfuß und anfangs ein bisschen nervös, so ganz allein unter lauter Kerlen. Der Reihe nach ging es an die sogenannten „Big Six“, die sechs Grundübungen, die sich wiederum in dynamische (Swing, Clean, Snatch) und statische Übungen (TGU, Press, Squat) unterteilen lassen. Mit detaillierten Erklärungen und zahlreichen Trockenübungen führte uns Frank jeweils an die korrekte Körperhaltung heran, bevor wir uns erstmals an den Gewichten probieren durften. Recht schnell zeigte sich, dass bei dieser Art des funktionellen Trainings nicht die Kraft allein ausschlaggebend ist. Ein mindestens ebenso wichtiger Aspekt ist die Mobilität, die nicht nur bei der sauberen Ausführung hilft, sondern durch das breite Bewegungsspektrum der Übungen nachhaltig gefördert wird. 

Nach 10 Wochen und ersten Erfolgen stand für mich am Ende des Einsteigerkurses außer Frage, dass ich auch künftig unter Franks Anleitung trainieren werde. Wie kann man aufhören, wenn man weiß, dass noch Luft nach oben ist? Wie kann man aufhören, wenn man merkt, dass man in seinen Leistungen stetig wächst? 

Im Kreise der Eingeweihten (Das wöchentliche Training)

Wie für viele andere Neulinge ging für mich also direkt weiter: zuerst mit einer, inzwischen sogar mit zwei Trainingseinheiten pro Woche. Die zügigen Fortschritte und insbesondere der Kraftzuwachs, den gerade wir Frauen in den ersten Wochen hinlegen, sind dabei nur ein Suchtfaktor. Denn obwohl wir fast ausschließlich mit Kettlebells trainieren, ist das klar strukturierte Training alles andere als eintönig. Neben den Klassikern präsentiert uns Frank immer wieder neue Varianten bereits bekannter Übungen – zuletzt etwa höllische „OH-Squats“ (Overhead-Squats), die sich harmlos anhören, harmlos aussehen, uns alle aber tatsächlich ganz schön zum Stöhnen und Staunen brachten... Und auch darin besteht ein Vorteil des Kettlebell-Trainings: Alle Übungen lassen sich durch geringfügige Modifikationen an den aktuellen Leistungsstand und die Verfassung des Trainierenden anpassen, sei es über das Trainingsgewicht und die Anzahl der Wiederholungen oder über eine veränderte Körperhaltung (v.a. bei den Übungen mit dem eigenen Körpergewicht). Dabei ist eines garantiert: Frank hat einen Blick für die Person hinter der Kettlebell und findet für jede(n) exakt die Variante, die fordert, ohne zu überfordern. 

Überhaupt entgeht Franks Augen im Training so gut wie nichts: Schleichen sich bei uns Fortgeschrittenen kleine Haltungsfehler oder Nachlässigkeiten im Bewegungsablauf ein, werden sie, noch bevor sie sich festsetzen können, korrigiert. Als Trainer führt Frank außerdem über die aktuelle Trainingsleistung eines jeden Einzelnen gewissenhaft Buch, dokumentiert unseren sportlichen Werdegang und hält uns in Momenten der Selbstzweifel – ja, auch die gibt es! –  immer wieder vor Augen, wie weit wir schon gekommen sind.  

Eine runde Sache!

Was nimmt man aus dem Kettlebell Training mit? So viel mehr als nur das Wissen über die korrekte Ausführung von Swings, Squats oder Snatches. Tatsache ist, dass wir nicht nur unseren Körper in den Bereichen Kraft, Koordination, Beweglichkeit und Ausdauer trainieren, sondern auch unseren Geist. Einerseits lernen wir, die eigene physische und psychische Verfassung sowie die (tages)formabhängigen Leistungsgrenzen genau einzuschätzen und zu akzeptieren. So hat mich beispielsweise eine etwas zu ‚optimistisch‘ gewählte Gewichtsklasse gleich bei meinem zweiten Snatchtest auf wenig elegante Weise in die Knie gezwungen und entsprechend Demut gelehrt... Und andererseits macht einem das Krafttraining mit Kettlebells bewusst, wozu man eigentlich fähig ist. Wie oft durfte ich inzwischen schon erleben, dass tatsächlich ‚mehr geht‘ (mehr Gewicht, mehr Wiederholungen, mehr Körperspannung), weil Frank mit behutsamer Bestimmtheit – oder wahlweise einer zotigen Bemerkung – immer wieder dazu ermuntert, einen Schritt aus der persönlichen Komfortzone hinauszuwagen. 

So paradox es klingen mag: Obwohl einem das Training – und insbesondere der Snatchtest, mit dem wir zur Zeit jede Session beenden – regelmäßig alles abverlangt und ich an manchen Tagen die Trainingsräume am liebsten auf allen Vieren kriechend verlassen möchte, gehe ich innerlich doch jedes Mal ein bisschen aufrechter nach Hause. Und das nicht nur dann, wenn ich wieder einen persönlichen Rekord knacken konnte, sondern ausnahmslos nach jeder einzelnen Trainingsstunde: weil ich stolz bin, dass ich das Training durchgezogen, die Form gehalten oder die eigenen Grenzen ein kleines Stück weiter nach oben verschoben habe. So gesehen kann man beim Kettlebell-Training also nicht scheitern. Man begibt sich vielmehr in einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess, dessen Rahmen man immer wieder neu absteckt...

Neben unserem lieben Frank, der in den Bereichen Krafttraining und Mental Health nicht nur über ein unglaubliches Fachwissen und einen mindestens ebenso großen praktischen Erfahrungsschatz verfügt, sondern im Training obendrein aus einem unerschöpflichen Fundus an (bevorzugt bösen) Witzen und Sprüchen schöpft, trägt natürlich auch unsere wild gemischte Trainingsgruppe zur guten Atmosphäre bei. Wir spornen uns an, motivieren uns gegenseitig und fordern uns selbstverständlich auch mal heraus. Das allerdings immer mit einem Augenzwinkern, denn Konkurrenzgerangel oder abschätzige Blicke gibt’s bei uns nicht: Die Begeisterung fürs Kettlebell-Training verbindet. Wir wachsen gemeinsam – und so wird jedes Training zu einem Kugel-Fest!