Stone Lifting (Steineheben) – Wie Du am besten durchstartest
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1. Warum Stone Lifting?
Steine gibt es überall. Man(n) kann sein Training als „harmlosen“ Familienausflug planen. Da es ja Steine in allen Größen gibt, kann jeder mitmachen.
Es ist ein ursprüngliches Training, das zu anderen Sport und Fitnessbereichen einen hohen Übertrag hat. Es macht Dich mental und körperlich härter. Man braucht eine hohe Handkraft und muss sich in den Stein „einfühlen“. Jeder Felsbrocken hat einen unterschiedlichen Schwerpunkt, sodass man sich auf jeden Naturstein eigens einstellen muss. Daher meinen einige Stone-Lifter auch, dass jeder Stein seine eigene Seele hätte. Wenn Du 200kg im Deadlift ziehst, heißt das noch lange nicht, dass Du einen 60kg Gesteinsbrocken heben kannst. Es ist wirklich etwas komplett anderes. Auch wenn Erfahrung im olympischen Gewichtheben wirklich hilft. Größe und Beschaffenheit wirken sich sehr darauf aus, wie schwer ein Stein zu heben ist.
1.1 Mal abgesehen von dem Spaß. Was sind die sonstigen Auswirkungen?
Jungs bekommen den breiten Rücken und massive Unterarme eines Gorillas. Mädels verlieren nur Fett, bekommen eine aufrechtere Haltung und sehen sexy aus. Schrecklich oder?
Du entwickelst Durchsetzungskraft. Wir bauchen nicht mehr „Ja-Sager“ sondern Leute die mit anpacken, oder anderen zeigen wie es besser geht.
2. Stone-Lifting ist nicht für jeden!
- Man macht sich schmutzig.
- Es tut (am Anfang) weh.
- Es ist hart.
- Du hast keine beschützende Umgebung.
- Du bist alleine und musst sehen, wie weit Du sicher gehen kannst.
- Du hast die unmittelbare Verantwortung für Deine Gesundheit.
3. Ist Stonelifting für Dich geeignet?
- Hast Du begrenzte finanzielle Ressourcen, willst aber trotzdem saustark werden?
- Willst Du aufrechter durch Dein Leben gehen?
- Willst Du aus Deiner Komfort-Zone herauskommen?
- Bist Du bereit Verantwortung für Dein Training und Deine Gesundheit zu übernehmen?
Je mehr Fragen, Du mit „Ja!“ beantworten kannst, desto dringender solltest Du mit dem Stone-Lifting anfangen.
4. Sicherheitsregeln
4.1 Gutes Wetter (am Anfang)
Nasse Steine sind viel schwieriger zu heben. Das Verletzungsrisiko vervielfacht sich!
Die „echten“ Schotten heben bei jedem Wetter, frei nach dem Motto: „Wenn ich auf gutes Wetter warten muss, kann ich ja nur zweimal im Jahr trainieren.“
Wenn Du kein Schotte bist und nicht über mehrere Jahre Erfahrung verfügst, solltest Du nur trockene Steine bei regenfreiem Wetter heben.
Zum Erlernen einer neuen Technik solltest Du Dir gute Bedingungen aussuchen. Mache es Dir nicht schwerer als nötig. Falls es nur regnet, (siehe weiter unten) nehme einen Sandsack, damit kannst Du auch in der Wohnung anfangen.
4.2 Schuhwerk
Achte auf rutschfestes Schuhwerk. Wie viel Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen bringen weiß ich nicht. So ein 60kg schwer Brocken ist schon was anderes. Wenn Du Arbeitsschuhe hast, die rutschfest sind, nimm die. Wenn die Sicherheitsschuhe auf dem Untergrund rutschig sind, bringen die nichts. Ausrutschen mit einem Stein ist gefährlicher, als die Bedrohung eines aufgeschürften Schienbeins.
4.3 Ablegen / Loslassen
Vorsicht beim Ablegen oder Fallenlassen eines Steines. Je höher der Stein losgelassen wird, desto eher springt er oder rollt, nachdem er auf dem Boden aufkommt. Es gilt die gleiche Regel, wie bei der Kettlebell: „Quick feet are happy feet!“
4.4 Hände kann man waschen – Handschuhe bringen nichts
Handschuhe bringen nichts! Im Winter dachte ich mir einmal, es ist so kalt, ich möchte meine Hände lieber mit Arbeitshandschuhen vor der Kälte schützen. Allerdings stellte ich fest, dass mir kaum ein Lift gelang. Dann erinnerte mich an etwas, dass Martin Jensics gesagt hatte und zog sie aus. Ja es war sehr kalt an den Händen, aber die Steine kamen wie durch Magie hoch. Nach einer Zeit war es auch nicht mehr so schlimm, die kalten Steine mit bloßen anzupacken. Magie? Vielleicht - aber der Griff wurde ohne Handschuhe erheblich sicherer und ich bekam sie leichter zu fassen. Du kannst Dich in den Stein optimal einfühlen und erfasst den Schwerpunkt besser.
4.5 Dickes Sweatshirt
Ich will es nicht beschönigen, wenn Du zu den „großen Jungs“ kommst, werden Deine Unterarme, wie in den „Kwai Chang Caine“ in der Fernsehserie „Kung Fu“ gefordert werden.
Ein dickes Sweatshirt schützen Deine Unterarme etwas, aber auch trotz dessen kann es zu leichten Blessuren kommen. Es kommt nur auf die Höhe des Druckes an. Wahrscheinlich wirst Du am Anfang gar nichts heben können, dass so schwer ist, dass es solche Auswirkungen hat. Falls doch, tröste Dich damit, dass Du schon schön stark bist.
Wie alles werden sich nach und nach auch die Unterarme daran gewöhnen.
4.6 Fange mit einem Sandsack an
Alle unten beschriebenen Lifts können auch mit einem Sandsack ausgeführt werden. Wenn Du ein Gefühl mit dem Sandsack bekommen hast, kannst Du die Übung mit einem Stein nachmachen.
4.6.1 Vorteile des anfänglichen Trainings für das Stone-Lifting mit einem Sandsack
- Bei schlechtem Wetter kannst Du in der Wohnung trainieren.
- Du kannst den Sandsack leicht auf Deinen Leistungsstand anpassen.
- Der Sandsack verletzt Dich nicht so, falls er Dir doch mal auf den Fuß fallen sollte.
- Du kannst Deine Hände leichter in den Sandsack „graben“ als in einen echten Stein.
- Ein Sandsack kannst Du Dir günstig selber basteln.
- Ein Sandsack ist für das Training mit Kindern geeignet (angepasstes Gewicht versteht sich).
4.6.2 Bastelanleitung für Sandsack
Nehme eine dicke Mülltüte, fülle Sand rein, drücke die Luft raus und knote sie zu. Hiernach packst Du sie in eine Stoff-Tragetasche. Schon hast Du für Dein Kind einen Sandsack gebastelt, mit dem es die Sachen nachmachen kann, die Du vormachst. Für Dich selber nutzt Du vielleicht aber einen stabileren Sack und mehr Sand.
Nutze einen stabilen Plastikbeutel für den Sand, da Du ansonsten den Sand überall verstreust. Der Plastikbeutel kommt in einen reißfesten Außen-Sack. Es muss nicht notwendigerweise einer aus dem Sportbedarf sein, auch wenn es da sehr gute Säcke gibt. Ein alter Seesack funktioniert super. Nimm einige Bänder, damit Du den Sack komprimieren kannst. So wird der Sack einem Stein ähnlicher. Ein schlaffer Sack ist schwieriger zu heben, ähnlich einer „brutal eingeschlafenen“ Katze.
4.6.3 Beispiel:
Ich möchte auch gerne große Steinen über Kopf drücken können. Die Steine mit dennen ich das sicher machen kann, gehen mit nicht weit genug an meine Leistungsgrenze. Daher versuche ich ab und zu meinen schweren Sandsack, über Kopf zu bringen. Bisher hat das noch nie geklappt, auch wenn ich einige Male kurz davor war. Mit einem Stein hätte ich mich wahrscheinlich schwer verletzt. Mit einem Sandsack ist nichts passiert.
5. Die verschiedenen Arten des Stone-Liftings (Steineheben)
Es gibt nicht nur eine Art, wie man einen Stein aufheben kann. Es gibt mehrere Traditionelle Lifts und einige, die aus moderneren Zeiten kommen oder eine Adaption für meine Kraftakte (Oldtime Feats of Strength) sind. Diese zielen auf einen Steigerung der Griffkraft ab. Die traditionellen Arten habe ich mit einem * in der Überschrift gekennzeichnet.
5.1 Stone Lifting *
Der Stein wird hochgebracht. Eine Mischung aus Kreuzheben Rudern und Reißen. Idealerweise bringst Du den Stein auf Höhe des Brustkorbes. Dementsprechend gehen meine Ellenbogen auch nach außen. Beim traditionellen Rudern gingen sie nach hinten, nur läge dann der Stein auf Hüfthöhe. Dies wäre aber zu tief für die nächste Bewegung.
Du machst dann eine schnelle, tiefe Kniebeuge, damit Deine Knie unter den Stein kommen. Deine Beine klappen sozusagen unter den Stein durch, sodass er kurz über Deinen Knien zum Ruhen kommt. Das gibt Dir Zeit Luft zu holen und den Stein neu zu umfassen. Ganz feste Drücken – meine „Knuddel-Übung“ und dann ganz simpel:
- Aufstehen
- kurz halten
- zwischen Deine Beine ( nach vorne) fallen lassen.
Am Anfang wird Dir das nicht unbedingt gelingen. Wenn es um einen bestimmten Stein geht, kannst Du Dich an folgende Progressionen halten und kommst so Deinem Ziel näher.
- Den Stein auf dem Boden bewegen
- Luft unter den Stein bringen (je mehr desto besser)
- Den Stein auf den Knien zum Ruhen bringen – Kniebeuge
- Den Stein immer höher rudern, sodass Du nicht mehr ganz in den Squat musst, um den Griff für das Aufstehen anzupassen
- Aufstehen, den Stein auf Hüfthöhe halten (wie einen Kasten Bier)
- Den Stein auf Brusthöhe bringen
- Den Stein schultern (siehe „Stein Schultern“)
- Den Stein so explosiv hochbringen, das man die Kniebeuge nicht mehr braucht.
Mein Tipp: Nachdem Du mindestens 3 Monate regelmäßiges Stone-Lifting trainiert hast, suchst Du Dir einen Stein den Du so heben kannst. So erreichst Du schneller die notwendige Explosivität für den „echten“ Brocken. - Den Stein über Kopf drücken
Je nach Stein können Jahre zwischen den Stationen liegen! Nur weil Du einen Stein endlich heben kannst, heißt nicht, dass Du den in zwei Wochen über Kopf drücken kannst. Allerdings gibt es durchaus Sprünge, die schneller gehen.
5.2 Den Stein Schultern (shoulder the stone) *
Eine fortgeschrittenere Variante ist das Heben des Steins auf die Schulter. Aus der Tiefen Hocke hochheben, je höher desto besser, vorzugsweise auf Brusthöhe. Dann knickst Du leicht mit den Beinen ein und drückst explosiv Deinen Beine gerade (wie beim Sprung). So kannst Du die Trägheit der Masse nutzen, um den Stein leichter auf Deine Schulter zu platzieren.
5.3 Stein auf Fass oder Podest heben *
Diesen Lift sieht man mehr mit Atlas Steinen bei Strongman Wettbewerben. Der Stein muss dabei auf ein Podest gehoben werden. Das war in den alten Zeiten auch ein „Einstellungstest als Seemann“. Ein schwerer Stein musste über eine Stange gehoben werden. Schaffte man(n) das nicht konnte man nicht anheuern.
5.4 Pinch Grip Carries
Da ich für meine Kraftakte eine Menge Pinch-Grip (nur mit dem Daumen ausgeübte Kraft) brauche, habe ich die üblichen Farmers Walks abgewandelt. Das schöne daran ist, dass ich auch durch die Erschöpfung dieser Griffkraft keinen Nachteil beim Steineheben habe. Nehme in jede Hand eine Steinplatte (z.B. die grauen Beton Gehwegplatten), die kannst Du nur mit den Daumen festklemmen. Richte Dich auf und gehe wie mit zwei Koffern in den Händen so lange es geht. Falls das zu einfach wird, nehme zwei Platten in eine Hand, so musst Du noch mehr Kraft aufbringen.
5.5 Brick-Lifting / Brick press
Gute Vorübung, da der Bizeps und Brustmuskulatur meist die limitierenden Faktoren sind. So wird diese Muskulatur schnell auf „Temperatur gebracht“ (Warm-up).
Stelle mehrere Ziegel nebeneinander und drücke diese nur mit den Handflächen so fest zusammen, dass Du diese hochheben kannst. Dann curlst Du nach oben, bis sie auf Brusthöhe sind (Blick geht dann über die Kante der Steine), dann „nur noch“ nach oben drücken. Der Fokus liegt eindeutig auf dem „Musculus pectoralis major“ (lat. „großer Brustmuskel“). Dieser muss sehr hart arbeiten, damit Dir die Ziegelsteine nicht auf den Kopf prassel. (Motivieren kann ich!) Das ist die „Butterfly-Maschine des armen Mannes“.
Stone Curls & press
Leichter Stein – der Stein wird mit beiden Händen festgehalten, von der Hüfte zur Brust gecurlt und dann nach oben gepresst. Das ist viel leichter als mit den Ziegelsteinen, so kannst Du den Biezeps stärker unter Feuer nehmen. Das ist immer noch eine andere Übung als Chinups. Auch wenn diese eine tolle Übung sind.
5.6 Stein überkopf drücken (Stone Push-Press) *
Je schwerer der Stein wird, desto unwahrscheinlicher wird ein „strickt“ press. Ich nutze die gleiche Technik wie beim Schultern, um den Stein zu beschleunigen. Wenn der Stein schon in Bewegung ist nutze ich die Arme, um den Stein leichter ganz über Kopf drücken zu können. Dies nennt man Push-Press.
Bevor Du an die „schweren Jungs“ gehst, trainiere das vorher mit einem Sandsack oder leichten Stein. Meine Erfahrung aus dem RKC2 hat mir sehr geholfen. Dort musste ich die Push-Press mit zwei Kettlebells machen. Die Kettlebells haben den Vorteil, dass man die im Zweifel leichter nach außen „werfen“ kann. Generell ist das eine fortgeschrittene Übung und sollte nur mit angemessenem Gewicht probiert werden.
5.7 Rudern mit dem Stein (stone rowing)
Dies ist eine Begleitübung, die zum Ende des Trainings (vor dem Finisher) gemacht werden sollte. Das Rudern ist für viele der Schwachpunkt, den man überwinden muss, um schwerere Steine zu heben. Achte darauf, dass Du Deine Wirbelsäule stabilisierst (Rumpfstabilität / Corespannung). Die Ellenbogen gehen hier etwas mehr nach außen als nach hinten, damit Du den Stein auf Höhe Deiner Brust ziehen kannst. Mit eine Stein ist das schwieriger als mit einer Hantel. Du wirst merken dass es ein Zusammenspiel aus Lat und Brust ist, plus ein gerüttelt Maß an Bizeps, um das gut machen zu können. Ich habe mit verschieden Dingen experimentiert. Momentan scheint für mich mir ein großes Gewicht über 2 x 20 Wiederholungen am besten zu sein.
5.8 Loaded Carries
Guter Finisher für das Training mit den Steinen. Wenn Du noch halbwegs frisch bist, schulterst Du den Stein. Später trägst Du ihn vor die Brust/Bauch. Du kannst auf Zeit „schlendern“ oder auf Strecke gehen. Achte darauf, dass Du Deine Kräfte richtig einschätzt. Jede Verletzung kostet Dich mehr Erolg, als nicht das letzte aus dem Trainig geholt zu haben.
5.9 Den Stein bewegen (to roll the stone) *
Die ganz großen Brocken bekomme ich noch nicht gehoben. Aber man kann diese als „wirklich letzten“ Finisher im Training rollen. Nach vorne Rollen (Kreuzhebe Bewegung nach vorne) ist schwieriger als den Stein nach hinten (zwischen seine Beine durch) zu rollen. Ich nehme diese Übung ganz zum Schluss. Solange ich meinen Rücken noch anspannen kann, sehe ich hier das geringste Verletzungsrisiko.
6. Wie häufig sollte ich trainieren?
Wer stark ans Limit gehen kann, dem reichen wahrscheinlich zwei, maximal drei Tage in der Woche. Da ich noch viele andere Übungen mache (Kettlebell, Calisthenics) mache ich nur einen schweren Tag und einen arbeite nur mit Loaded Carries.
7. Einen besonderen Dank an ...
Martin Jancsics für seine tollen Tipps und Hilfen! (Martin Jancsics auf Facebook) und an Eric Fiorillo, der mich durch seinen Podcast (Motivation and Muscle) überhaupt erst auf das Thema gebracht hat. Auch möchte ich Stevie Shanks (Stevie Shanks auf Facebook) erwähnen, der mich auf die Dinnie Stones gebracht hat, dazu ein anderes mal mehr.